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Dienstag, 13. Dezember 2005

Ende Toluca / Teil I

So, hiermit verabschiede ich mich vorerst offiziell hier aus der Meldestation mexikanisches Hochland. Wer weiss, vielleicht schreibe ich ja in Deutschland auch ein bisschen weiter - mittlerweile verspuere ich ja bereits krankhafte Zwaenge, meine hochspannenden "Erlebnisse" aufzuschreiben.

Die erste Haelfte ist also vorbei. Wahnsinnig schnell gegangen ist das! Alles in Allem waren es echt gute 3 Monate, und ich bin immer noch wahnsinnig froh, dass ich her gekommen bin. Diese Geschichte hier ist mal wieder eines dieser lebenswandelnden Erlebnisse, dessen Effekte wahrscheinlich fuer immer spuerbar sein werden. Hah! Ich hab mir schon ein bisschen was von der mexikanischen Dramatik angewoehnt.
Gottseidank hab ich bei TE gekuendigt, das hab ich tatsaechlich noch keinmal ernsthaft bereut, und gottseidank weiss ich endlich, dass das Unterrichten der richtige Beruf fuer mich ist. Hat ja lang genug gedauert, bis ich da mal draufgekommen bin. So sehr es mich auch oft nervt, Leuten was beibringen zu koennen ist einfach cool. Eine "dankbare" Aufgabe. Ich hoffe nur, dass es in Deutschland auch so viel Spass macht.. (Manchmal passieren so lustige Szenen, da fuerchte ich allerdings, dass sie mich fuer komplett wahnsinnig halten. Wie gestern, als ich den Jungs die Bedeutung von "...und zwar" sehr abstrakt erklaeren wollte und mich dann ueber meine eigene planlose Erklaerung so totgelacht hab, dass ich nicht mehr weiter sprechen konnte... Naja,

ausserdem hab ich hier - abgesehen von den Schuelerchen - ein paar echt gute Leute kennen gelernt, vor allem Sergio und Pau,

natuerlich ist es manchmal zum Verzweifeln hier, vor allem das mit dem Eingesperrtsein, oder mein Stundenplan, oder das Pferd (heute wieder von 13:00 bis 15:00 arrgh), oder wenn ich meine einzige Decke zum Lueften raushaenge, und wenn ich sie reinhoen will, muss ich zuerst ungefaehr 45 schwarze kleine Tiere toeten, die sich gerade in die Daunen fressen - aber ich kann sie nicht waschen, weil es ist ja meine einzige Decke, etc,

trotzdem, es ist gut.

Also, wir sehn uns am Wochenende / an Weihnachten / an Silvester / bald!

Montag, 12. Dezember 2005

La Virgen de Guadalupe

Heute ist der Tag der Jungfrau von Guadalupe. Mehr dazu spaeter...

hotmail geht grad nicht deswegen hier:

1. ALLES GUTE UND LIEBE ZUM GEBURTSTAG LIEBSTER JOCHEN!!
2. ALLES GUTE UND LIEBE ZUM GEBURTSTAG LIEBSTE SILKE !!
Was ich euch noch alles wuensche, sag ich lieber am Telefon bzw schreibe ich, wenn das mit dem Mail wieder funktioniert ... !

Katrin, Susi, Steffi: Das mit dem Christkindlmarkt am Samstag in Nbg klappt leider nicht (weil ich doch erst am Samstag nachmittag nach NM komme)! Koennt ihr denn nicht vielleicht am Sonntag? Das waer schoen. Wann seid ihr ueberhaupt in Neumarkt?

So wie einst im Wilden Westen

La Marquesa

Boliche, La Marquesa und noch 5 Tage bis Deutschland

Nur noch drei Tage arbeiten, dann hab ich Urlaub, hurra!! Ich bin mittlerweile auch echt urlaubsreif, glaub ich. Diese Tage werden noch stressig, aber ich werde einfach weiterhin singen. Mittlerweile hab ich, was das betrifft, jegliches Schamgefühl verloren und singe den Gruppen mit Begeisterung Stille Nacht, O Tannenbaum, Leise rieselt der Schnee und Alle Jahre wieder vor. Irgendwie sind alle unsere Weihnachtslieder zwar schön, aber ein bisschen traurig, das sagen zumindest die Schülerchen. Dann singen sie mir ein mexikanisches Lied vor "yo te pido posaaadaaa" und es klingt ein bisschen, wie wenn bei uns jemand um 5 in der Früh "ein Prosit..." grölt. Morgen will die Schlaftablettengruppe mit mir essen gehen (nach dem Unterricht), und am Mittwoch die Jungs-Gruppe (während dem Unterricht), und am Donnerstag flieg ich schon! Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie sehr ich mich auf einen guten Kaffee freue, und auf eine Scheibe Schwarzbrot, und auf Lebkuchen, und Knödel (und natürlich auf euch) !
Das Wochenende war gut. Am Samstag war ich bei Betty's und Pau's Familie zum Pozole-Essen eingeladen; Pozole ist wahrscheinlich das Beste, was ich bisher gegessen hab: Suppe mit Huhn (natürlich), einer Maiskorn-Abart und noch einiges Undefinierbares, und dann wirft man noch folgende Zutaten jeweils frisch rein: Salat, Radieschen, Zwiebeln, Chili und Oregano. Dazu isst man Maistortillas mit Bohnenmus und Crema. Als Nachspeise hat's einen Kokos-Nuss-Kuchen gegeben, den ich wahrscheinlich erst in Deutschland vollständig verdaut habe. Hmm, lecker. Danach sind wir zum Bowling gegangen.
Heut früh um 9 bin ich mit ein paar von meinen Schülerchen zu La Marquesa gefahren, das ist eine Art "Naherholungsgebiet" zwischen Toluca und dem D.F.: eigentlich ein schönes Tal, aber es führt halt die Autobahn durch, deswegen büßt es etwas an Idylle und Harmonie ein. An der Strasse entlang sind Tausende von Essensständen, und was die Leute dort machen, ist: Go-Kart fahren und Reiten. Pferde, hurra! Wir sind geritten, was cool war, aber auch ein bisschen typische Touristenverarschung, wie man sie überall auf der Welt findet: alte, lahme Pferde werden eine halbe Stunde mit wechselnder Touristenlast einen kleinen Weg entlang geführt. Trotzdem war's cool, und ich hab mich mal wieder dran erinnert, dass ich dringend ein Pferd haben muss, irgendwann mal ...
Danach sind wir tatsächlich auf den Gipfel eines kleinen Berges geklettert, das war angesichts der Abneigung der Mexikaner gegenüber jeglicher Art von Bewegung schon ein kleines Wunder. Immerhin haben wir fast eine dreiviertel Stunde hoch gebraucht, und oben hat man nicht mal mehr die Lastwagen der Autobahn gehört. Das war schön!

Freitag, 9. Dezember 2005

Meine Freunde vom mexikanischen Alpenverein ...

... werde ich wohl nie kennen lernen.

Mein Leben hier ist ja, wie ich wahrscheinlich schon ein bis zweimal anklingen hab lassen, zu ca. 99% auf die Schule konzentriert (das übrige Prozent machen die Tage aus, mit denen ich mit Pau im Kino war). Diese letzte Woche war Wahnsinn, ich war nur vom Arbeiten so müde, dass ich schon Probleme hatte, deutsch zu sprechen. Ich hab das mal ausgerechnet: alleine von Montag bis Mittwoch hab ich so viele Stunden gegeben, wie man in Deutschland in einer kompletten Woche unterrichtet: 22 Stunden a 60 Minuten macht 27,5 Stunden a 45 Minuten.
Naja, deswegen wollte ich Abwechslung.. hab, noch in Deutschland, im Internet von dieser Alpinisten-Gruppe gelesen, die lustige Expeditionen in die Berge unternehmen (kennt hier natürlich im Normalfall keine Sau). Die treffen sich jeden Donnerstag um 19:00 in Metepec, und da wollt ich schon ewig mal unbedingt hin. Also gestern. Da ich bis 21:00 arbeiten muss, bin ich danach in ein Taxi gestiegen und da hin gefahren. Cooles Haus, das "Kulturzentrum" in Metepec. Und was ich erlebt habe: es war keiner mehr da. Hervorragend. Ich kann nicht klettern gehen, ich kann nicht weggehen, und ich kann auch nicht in die Berge gehen. Ganz toll, Toluca.
Naja, wie auch immer.
Wir hatten gestern "Weihnachtsfeier" in der Schule. Das heißt, wir haben um 11:00 Schinkentoast mit Mayonnaise gegessen und Nescafe getrunken. War nett, und mir ist mal wieder aufgefallen, wie unglaublich schnell diese 3 Monate vergangen sind. Übrigens, seit gestern bin ich illegal in Mexiko! Das war nämlich das Ende unserer lustigen "Einwohneramtgeschichte": Am 08.12. läuft offiziell meine 3-monatige Aufenthaltsgenehmigung ab, und um die verlängern zu können, müsste ich zahlen und alle möglichen sinnlosen Dokumente abgeben. Das Datum auf meinem Stempel schaut aber mit ein bisschen guten Willen aus wie 18.09., statt 08.09., und dann passt's wieder. Mal schaun, ob das am Flughafen funktioniert.

Heute hab ich uebrigens meine ersten zwei weihnachtsgeschenke von meinen schuelerchen (alicia und elvira) gekriegt: cool.

Mittwoch, 7. Dezember 2005

Christkindlmarkt


Pera, Kerstin, Gersain beim Gluehweintrinken

Lasst uns froh und munter sein.... und: der Nikolaus kann heimgehn

"Was ist los? Wieter du krank?" – ehh?? (So eine SMS von einem Schülcherchen)
Also, was ist los? Wie war das Wochenende? Ich bin gottseidank doch nicht krank geworden, obwohl ich es schon gedacht hätte. Das wär echt kein Spaß; sich um 6 Uhr früh bei ca. 5°C mit kaltem Wasser (Ja! Erraten! Das Gas ist mal wieder aus!) zu duschen reicht mir schon, danke schön. Das Ganze auch noch in erkältet, und ich weine.
Naja, wie gesagt, mir geht’s gut, das Wochenende war cool: Am Freitag war Christkindlmarkt in der Schule. Wir haben ein paar Stände aufgebaut, aber die Schülerchen haben sich (überraschenderweise) quasi ausschließlich für Glühwein und Wurst interessiert. Entsprechend war die Wurst nach einer Stunde bereits ausverkauft. Der Glühwein war ok, dafür, dass es ein mexikanisches selbstgemixtes Zeug war, und es war auch ungefähr so kalt wie normalerweise in Deutschland um die Zeit. Kerstin hat mich ausgelacht wegen meiner Kleidung, weil ich mit Schal, Handschuhen und Mantel ungefaehr wie das Michelin-Maennchen ausgeschaut hab.
Also, das war ganz nett.
Samstag wie immer erst mal Unterricht (V: "Ein Freund von mir möchte dich kennen lernen, weil du Deutsche bist. Wie wär's mit nächstem Mittwoch? (???)), etc, abends bin ich mit Kerstin, Pau und Betty (genau, Betty ist wieder aus Europa zurück) was trinken und in eine komische Art Salsa-Disko gegangen – ich glaub, langsam bin ich zu alt für so was. Ein blöder Kerl hat mich – auf Spanisch – gefragt, woher ich komme, ich hab – auf Spanisch – geantwortet, ab dem Zeitpunkt hat er "Englisch" geredet und ich hab ihn nicht mehr verstanden und verjagt.
Naja, am Sonntag waren wir auf einem Markt in San Mateo Atenco – da gibt's unendlich viele Lederschuhe, und wenn sie 15 EUR kosten, ist das schon viel – und danach zum ersten Mal tagsüber in Metepec. Das ist überraschend schön, dieses Metepec!

Aber was ich eigentlich erzählen wollte: Heute hatte ich ja schon vier Stunden, von 7-9 und von 10-12, und heute war es so absurd, dass ich Tränen gelacht habe: ich sitze angezogen wie beim Skifahren (Winterstiefel, Schal, dicker Pulli plus drei Schichten drunter, und Jacke – beinah hätt ich noch Handschuhe angezogen) in irgend einem mexikanischen Zimmer und singe verschiedenen Frauen "Lasst uns froh und munter sein" vor. Echt komisch! Das hab ich ungefähr zum letzten Mal gesungen, als ich selber auf den Nikolaus gewartet hab. Alicia und Elvira haben mitgemacht, aber so falsch, dass ich echt nicht mehr singen konnte vor Lachen..

Mittlerweile ist Dienstag. Gestern in meiner Abendgruppe hab ich die Geschichte vom heiligen Nikolaus erzählt. Na – wisst ihr die ???* Dann hab ich ihnen wieder vorgesungen, und als sie mitmachen wollten, hab ich wieder vor Lachen nicht weiter singen können. Lustig, lustig, tralalalalaa hört sich schon ohne mexikanischen Akzent relativ seltsam an. Gegen halb 9 war dann die "Nikolausfeier", auf die ich mich echt gefreut hab. Hurra, der Nikolaus kommt! Ich hatte unbewusst Schoko-Nikoläuse, Nüsse, Mandarinen, Plätzchen, heißen Glühwein und Lebkuchen im Kopf...
Hah, von wegen !! Was bringt mir der Nikolaus? Einen blöden Plastik-Kugelschreiber. Hallo???? Ich hab gesagt, Nikolaus, ich will Süßigkeiten! Immerhin hat er dann guten Willen gezeigt und mir folgendes als "Süßigkeiten" andrehen wollen: drei Kaugummis und einen Karamel-Lutscher. Ich will SCHOKOLADE, Mann !!! Das mit den Süßigkeiten haben die hier echt nicht so ganz kapiert. Pfui Teufel, dann lieber gleich Zwieback. Wir sitzen also draußen, Kindergeschrei von den Monstern, die mal wieder auf diese Piñata einprügeln (eine grellbunt-haarige mit "Süßigkeiten" gefüllte Pappfigur, die aus einer Simpsons-Folge stammen könnte) und das alles für ein paar blöde Lutscher. Also, wenn die mir als Kind so ein Teil vorgesetzt hätten, hätt ich mir eher gedacht, wozu anstrengen, wenn der Hauptpreis ein nach Holz schmeckender Erdbeerlutscher in Form eines Besens ist. Eh?? Haut eueren Scheiß alleine kaputt. Allerdings hab ich mich wieder halbtot gelacht über die Kinder, die wie wild auf dieses Pappteil eingeschlagen haben.

Wir Lehrer und Schülerchen haben noch lauwarmen Punsch gekriegt, und dann sind fast alle gegangen, außer mir. Ich war eh schon grantig weil ich es nicht mal geschafft hab, einem Kind ein paar von seinen dürftigen Süßigkeiten zu klauen und weil ich SCHOKOLADE wollte. Statt Schokolade hab ich dann noch "schnell" eine kleine Übersetzung reingedrückt gekriegt, die ich dann noch "schnell" bis um 22:30 fertig machen hab müssen. Spitzen-Organisation, mal wieder, ich bin wütend in J's Büro gesessen und hab alle möglichen Kinder angeschrien, dass sie gefälligst woanders weiter rumhampeln sollen – jetzt wissen die wenigstens, wer der wahre Knecht Ruprecht ist.



* Nikolaus war ein Bischof, der im 4.Jahrhundert n.Chr. in Kleinasien in einer Stadt namens [insert name here] gelebt hat. Diese Stadt wurde eines Tages von Seeräubern belagert, die die Bürger erpresst haben: sie haben die Versorgungsschiffe nicht in die Stadt gelassen und gesagt, sie würden ihnen erst wieder den Zugang gewähren, wenn die Bürger ihnen alles Gold der Stadt geben. Die braven Bürgerchen haben also alles vorhandene Gold für die Piraten zusammen gekratzt, doch es war nicht genug. Die Piraten also: ok, dann gebt uns all euere Kinder. Die Bürger, zwar wohl wissend, dass diese als Sklaven verkauft würden, haben abgewägt—hm, entweder wir sterben alle, oder nur unsere Kinder. OK, also unsere Kinder. Gerade als sie bereit waren, ihre Kinder zu opfern, ist der gute Nikolaus ins Spiel gekommen: Er hat den Piraten alle Schätze der Kirche gegeben und somit die Kinder gerettet.

Donnerstag, 1. Dezember 2005

Machismo für Fortgeschrittene

Was mich immer wieder erstaunt und überrascht in diesem Land ist diese unglaubliche und allerorten akzeptierte Macho-Kultur. Als Frau hat man hier, schlicht gesagt, verschissen. Außer, wenn man seinen ersten Freund heiratet und sofort mehrere Kinder in die Welt setzt.

Wehe, wenn es anders läuft!
- Wenn du zu viele Freunde hast, bist du eine puta (Hure)
- Wenn du einen Freund hast, und dich von ihm trennst, bist du eine puta (??? Wenn der Freund Schluss macht, ist alles ok), und deine Eltern werden nicht mehr mit dir reden, weil du Schande über die Familie bringst
- Wenn du mit deinem Freund zusammen wohnst, und aus irgendwelchen Gründen klappt die Beziehung nicht und du ziehst wieder aus, heißt es: man hat sie "zurück gebracht", sie wurde nicht gewollt, sie ist schon "benutzt", und sie ist eine puta. Falls du das Glück hast, noch mal einen Mann zu finden, der das akzeptiert, wirst du mit Sicherheit vehemente Probleme mit seiner Familie kriegen.

Und für die Jungs? Ist alles gut. Kein Problem. Wenn er ein Mädel nach dem anderen abschleppt, heißt es, "er mag die Frauen halt".
Das Resultat ist: es kommt tatsächlich nicht so selten vor, dass eine Frau ihrem Freund ein Kind anhängen will, damit er sie heiratet. Geschätzte 30% (!) der Hochzeiten kommen nur wegen einem Kind zustande. Und wer tatsächlich aus freiem Willen heiratet, kriegt entweder sofort Kinder und wird Hausfrau (arbeiten gehen, als Frau? Nicht kochen können, als Frau? Um Gottes Willen.), oder ist nicht normal. Alles andere wird gesellschaftlich geächtet.
Wie immer gilt auch hier: das ist die Meinung der breiten Masse; je geringer die Bildung, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass die Menschen so denken. Nicht alle vertreten diese Meinung, und die Tendenz, zumindest unter den "elitären Jugendlichen" (also unter meinen Schülern) geht sicher in eine aufgeklärtere Richtung.
Aber ich find's trotzdem Wahnsinn.

Sogar im Sprachgebrauch manifestiert sich dieser Machismo ziemlich deutlich. Alles, was mit "padre" zu tun hat, ist positiv: Qué padre! Heisst: Ach, toll! Super! Spitze! (Beliebig steigerungsfähig zu padrísimo, padrisísimo, etc)
Alles, was mit "madre" zu tun hat, ist negativ:
Desmadre (Sauerei / Besäufnis), huele a madres (es stinkt), estoy hasta la madre (ich hab jetzt keinen Bock mehr), chinga tu madre (xxx), me vale madre (is mir scheißegal), ni madre (auf keinen Fall), etc.
Find ich irgendwie uncool.

Die Feier der toluquenischen Pseudo–Elite und Cuernavaca

Am Samstag war ich endlich mal wieder auf einer Feier. Ganz schön lang her gewesen! Es war der 23.Geburtstag irgendeines Freundes eines Schülers von Kerstin, und dementsprechend hab ich auch nur 2 Leute gekannt, nämlich Kerstin und ebendiesen Schüler mit dem schönen Namen Octavio.
Auf dieser Feier war eine Ansammlung von Schickimicki-Typen anzutreffen, die einer Münchner After-Work-Party in der Reitschule Konkurrenz gemacht hätte ! Die Jungs im Anzug oder zumindest auf jeden Fall in Hemd, die Mädels am Besten ohne Strümpfe in HighHeels – dazu muss erwähnt werden, dass wir IM FREIEN gestanden sind: Die Location war nämlich ein mittelgroßer Garten, komplett mit Zeltdach überzogen. Man feiert also in Toluca Ende November draußen, alles klar. Wir hatten geschätzte 10°C Wohlfühl-Temperatur.
Wenigstens war das Essen spitzenklasse (frijoles (Bohnenmus), pollo con mole verde (Huhn mit grüner Pampe), mole rojo (rote, schwere Pampe), Chicarrón (getrocknete Schweinehaut, mmmhh), nogal (Kaktus) mit Chili, und natürlich massenweise Tortillas.
Ansonsten waren die einzigen beiden Attraktionen der Party:
1) die Geschichten von Octavio, der erzählt hat, dass er im Rahmen eines Wettessens mal 9 große Pizzas gegessen hat, und dass er 2 ganze Flaschen Tequila trinken kann, ohne blind zu werden oder zu sterben
2) das Unterhosenspiel. Wir sitzen, nichtsahnend, frierend und leicht gelangweilt auf unseren Plastikstühlen im Garten, hören uns zum 100.Mal irgend ein unfassbar schlechtes Lied an (and god asked the people, why are you so quiet?). Auf einmal springen mehrere Jungs auf und rennen in Scharen zu zwei verschiedenen Typen. Je zu 3. oder 4. packen sie ihre Opfer ungefähr an der Hüfte, zerren an den Klamotten und schleudern sie halb durch die Gegend— Kerstin und ich, fassungslos, "was geht hier vor?" Octavio: "ach, das ist ein Spiel. Sie haben ihnen die Unterhosen zerrissen und ausgezogen."
Ach sooo.
Die Unterhosen sind dann eine Zeitlang zerfetzt auf dem Rasen rumgelegen, schade, dass ich die nicht fotografiert hab.

Und am Sonntag in Cuernavaca: War's schön! Wir waren nur – feierbedingt – ziemlich müde, und dass wir um 9:00 früh 2,5 Stunden kurvige Strecke fullspeed Bus gefahren sind und das Kind vor uns in eine Plastiktüte gereihert hat, hat unser Wohlbefinden spontan nicht unbedingt gestärkt.

Was sonst noch los war:
Dienstag: Volksfest in Zinacantepec. Ist genauso wie Volksi in Neumarkt, nur ohne Bierzelte und Maßkrüge. Aber, ehrlich gesagt, den mexikanischen "Fahrgeschäften" trau ich noch weniger als anderen, ich hab mich ziemlich gewundert, dass ich nach 10 Minuten Überschlag-Überschlag-Überschlag-Überschlag (ich war mir bereits sicher, dass sie ein Problem mit der Steuerung haben und das Gerät nie wieder stoppen können) doch lebend rausgekommen bin.

Mittwoch, 30. November 2005

"Ja, er ruft irgendwann nachmittags an und sagt, wieviel Geld er haben moechte"

Servus meine lieben, sorry wegen den verplanten Emails, die ich euch heut geschrieben hab. Falls ich euch heut geschrieben hab. Naja, ihr wisst schon-- ich glaub, die Sonne laesst mein Hirn langsam, aber stetig, verdoerren.
Hab wieder keine Zeit, die ganze Geschichte zu schreiben, aber hier kommt sie hin, irgendwann, spaeter:

Die kleine, kurze und lustige Geschichte mit uns, gestern, am mexikanischen Einwohneramt:
Kerstin und ich haben beide ein Visum für 90 Tage, das maximal auf 180 Tage verlängerbar ist. Um dies durchzuführen, waren wir gestern endlich mal im Office der "Migración" in Toluca. Zuerst war ich dran, und ich hätte schon beinahe die Geduld verloren, weil dieser Typ am Schalter so ein beschissenes arrogantes A... war, solche Typen treiben mich ja immer zur Weißglut. Ich hab zwar nur nervös mit meinen Fingern auf die hölzerne Ablagefläche getrommelt und habe ihn wütend mit zusammengekniffenen Augen angestarrt und versucht, ihm nicht die Augen auszukratzen. Ich weiß gar nicht, wieso ich nicht endlich mal lernen kann, ein bisschen cooler zu sein und Erniedrigung und Demütigung mit humildem Lächeln entgegen zu treten! Naja, ein bisschen bleibe ich ja noch, bis dahin kann ich noch viiiel lernen.
Als Kerstin dran war, ist Sergio – im Anzug - mit ihr zum Schalter gegangen. Es hat ziemlich lang gedauert, und was sie mir danach erzählt haben, war: am Anfang hat der Typ gedroht, Kerstin aus Mexiko rauszuwerfen, am Ende war er süß und kooperativ und sie haben Telefonnummern ausgetauscht. Sergio: "Ja, er ruft mich heute Nachmittag an und sagt, wie viel Geld er will." Das hab ich nicht kapiert, und er hat es mir erklärt: "Das nennt sich Korruption und ist in Mexiko ganz normal."

Na, hervorragend!
Im Einwohneramt! Herzlichen Glückwunsch! Und keiner hat sich auch nur im Geringsten gewundert.

P.S. Nur für's Protokoll: wir regeln das natürlich legal und werden diesem Blödmann selbstverständlich kein Geld geben.

Montag, 28. November 2005

Cuernavaca



Servus! War gestern in Cuernavaca, sehr schoene Stadt, perfekte Temperatur, da gibt es schoene Strassencafes und Palmen und alles ist im Kolonialstil...
hab keine Zeit mehr zu schreiben,
ich wollte euch ALLEN die mir geschrieben haben, grad antworten (danke fuer euere Mails :-), aber heut ist alles wieder so langsam hier, dass ichs vergessen kann, und ich hab bald clase. Morgen hab ich leider ueberhaupt keine Zeit, aber am Mittwoch hoffentlich ...

Ich hätte schon gewonnen, wenn sie die Zahlen richtig bestellt hätten

Letzte Woche hab ich einen lustigen Abend lang beobachten dürfen, wie manche Leute so ihre Zeit verbringen. Nicht, dass das ein typisch mexikanisches Phänomen wäre – das schaut mir eher nach internationalem Irrsinn aus, mit dem Namen: Bingo.
Ich bin mit F. (einem Freund der neuen Lehrerin) also tatsächlich Bingo spielen gegangen. War ich ja noch nie, und bin mir nicht sicher, ob ich es unbedingt wiederholen muss.. naja, Bingo ist lustig, aber das Setting war mir einfach eine Spur zu filmreif. Ein großer Saal, pseudo-schick, und überall sitzen so Leute rum wie die an meinem Tisch.
Diese waren:
- Besagter F.: Besitzer einer Schwulen-Disko
- Juan: Zweifelsohne ein Stammgast derselben
- "El gordo" (der Dicke): grobschlächtiger Kerl mit Goldkettchen, Goldarmbanduhr, Schnauzer, Hängebauch, der ständig Witze gemacht hat, die ich nicht verstanden hab
- Eine Dame, deren Namen ich vergessen hab: die gealterte Version von Bonnie aus Bonnie und Clyde, wie ich sie mir vorstelle: graue Stoppelhaare, Goldzähne, Kettenraucherin, tiefe Stimme, und im Dunkeln hätte ich Angst vor ihr
- "El Doctor" (sie nennen ihn wirklich so!): Beschreibung siehe "El gordo", nur etwas größerer Bauch und etwas dickerer Schnauzer.
Alter: irgendwas zwischen 35 und 50.
Also, mit anderen Worten: ungefähr die Originalbesetzung von der Pate, oder wahlweise Tod in Palermo. Sie haben sich auch so verhalten, haben immer große Scheine Geld auf den Tisch gelegt, alle vorbeigehenden Leute mit Umarmung begrüßt, Kette geraucht und die Bedienung "Mami" genannt.
Nicht, dass sie nicht nett zu mir gewesen wären. Ich hab nur ziemlich viel grinsen müssen; was der Pate und Co nämlich auch immer gemacht haben, war: Handy-Klingeltöne austauschen, leidenschaftlich. Naja, dann ist Bingo los gegangen, und man hat sofort gemerkt: da sind Profis am Werk. Claro, sie kommen ja auch jeden Sonntag, Dienstag und Freitag hier her. Jede Woche !
Ich hab mich weitgehend still verhalten und versucht, die Nummern richtig zu übersetzen (was, nebenbei bemerkt, irgendwann einfach nicht mehr funktioniert hat), und diese seltsamen Leute sind alle sehr nervös auf ihren Stühlen rumgezappelt. Ganz wichtig ist: man muss immer eine Zahl vor sich hinmurmeln. Wenn einem am Tisch nur noch eine Zahl fehlt, murmelt er mit leicht erhobener Stimme, dann schreiben alle anderen Anwesenden die Zahl mit ihrem blauen Filzstift auf den Glastisch und fangen ebenfalls an, die Zahl vor sich hinzumurmeln.
Und da fragen die mich, über was ich grinse ..? Ich meine, stellt euch bitte mal vor, wie Robert de Niro auf seinem Stuhl rumrutscht, auf der Filzstiftkappe kaut und 63-63-63-63 murmelt... und wenn er verliert, mault er die anderen grantig, und vollkommen ernsthaft, an: ihr habt's die Zahl halt net gscheit bestellt, Mann..

Freitag, 25. November 2005

Holt ihr mich vom Flughafen ab? Und was machen wir ueberhaupt Silverster?

Ich komme heim!!!!!

Hurra, ich freu mich gerade sehr! Nach tagelangem telefonischen planlosen Hin, Her und "bitte sprechen Sie langsam" mit Iberia ist es jetzt endlich geklaert: Ich bin ueber Weihnachten daheim!
Hintergrund ist folgender: Zuerst hat mir Iberia freundlicherweise vor ein paar Tagen mitgeteilt, dass mein Ticket nur 3 Monate gueltig ist. Nach panischem Anruf bei Travel Overland hat sich rausgestellt: es ist 6 Monate gueltig. Besser, aber trotzdem irgendwie kacke, weil ich dann allerspaetestens am 06.Maerz Mexiko fuer immer verlassen muesste, was mir lt. meiner "Arbeitsvereinbarung" hier dann ueberhaupt keine Zeit zum Reisen geben wuerde, und was jegliche theoretische Verlaengerungsmoeglichkeit im Keim ersticken wuerde. Mein toller Plan ist ja, bis Anfang Maerz in der Schule zu arbeiten, *vielleicht* einen Monat laenger, oder *vielleicht* ein Monat bei Jozelma, und dann mindestens drei Wochen rumzufahren, d.h. ich wollte so gegen Ende April / Anfang Mai (also wenn das Wetter wieder ertraeglich ist) wiederkommen. Geht aber natuerlich nur, wenn ich mir ein neues Ticket kaufe, da meins ja nicht weiter verlaengerbar ist....
hab also die letzten Tage taeglich mit meinem neuen Freund A.Torres von Iberia telefoniert, der mir ca. stuendlich andere Auskuenfte gegeben hat. Am 18. ist was frei, am 18. ist nichts mehr frei, es ist ueberhaupt nichts mehr frei, du kannst dein Ticket nicht aendern, etc. Heute hat er gesagt, der EINZIGE freie Platz bis Januar ist der 15.Dezember. Hab dann mal spontan gebucht. Das heisst:

Euere liebe Freundin Susanne kommt am Freitag, den 16.Dezember um 19.05 in Muenchen an.
Also ich freu mich sehr !
Hab ich naemlich erwaehnt, dass hier auch alle Leute Silvester mit ihrer Familie verbringen? Das heisst, ich haette Weihnachten und Silvester allenfalls in irgendeiner Jugendherberge verbringen koennen. Oder wahlweise bei minus 100 Grad in meinem Zelt-Zimmer. Lieber nicht..

Uebrigens, falls jemand von euch meine Eltern sieht: nix sagen! Ich glaub, ich steh einfach mal abends vor der Tuer.

So, und jetzt: Ich wuerd ueber Silvester echt gern in Muenchen sein, oder wahlweise skifahren. Also,
wie schauts mit Silvesterplaenen aus?

Dienstag, 22. November 2005

NEVAAAAAAAADO



Der Vulkan! Der Vulkan! Der Vulkan!

Hurra! Hurra! Ich hab's geschafft! Ich war auf dem Vulkan!

Was für ein unglaublich schöner Tag das war!
Es ist Sonntag Abend, 21:00, ich sitze im Bett und freue mich. Endlich! War ich auf dem Nevado de Toluca, und bin begeistert. Ich hab zwar höhenbedingte Kopfschmerzen, und wahrscheinlich werden mir morgen sämtliche Körperteile den Dienst versagen, aber ich bin glücklich. Das war eindeutig der coolste Tag, seit ich hier bin!
Da ich ja schon seit Wochen immer wieder aussichtslose Vulkan-Touren-Pläne schmiede, war ich wieder relativ unzuversichtlich, das wir es überhaupt schaffen, Toluca zu verlassen. Aber, es ist anscheinend wirklich so: wenn man das mit den Plänen selber in die Hand nimmt, dann klappt es. Wir, d.h. Pau, Sergio, Cesar und ich, sind also heute früh (naja, um halb 11, um ehrlich zu sein) Richtung Nevado losgefahren. Das mit dem Vulkan verhält sich folgendermaßen:
Er heißt Nevado de Toluca, bzw. Xinantécatl, ist mit seinen 4.690 m der 3.hoechste Berg in Mexico (nach Pico de Orizaba, Popo und Itza), und nicht mehr aktiv. Man kann mit dem Auto durch das Naturschutzgebiet (Parque de los Venados) bis zum Krater hochfahren. Das mich das ziemlich überrascht hat, hab ich ja schon mal gesagt: der Ausflug "zum Vulkan" auf mexikanisch läuft nämlich in geschätzten 97% der Fällen so ab, dass sie hochfahren zum Krater, die Musik im Auto hochdrehen, sich betrinken (was bei der Höhe relativ schnell erledigt ist), und zurück fahren. Hmmm. Ein interessanter Ansatz. Naja, wie auch immer: im Krater gibt es zwei Lagunen, "El Sol" und "La Luna". Passt gut, die ganze Szenerie schaut nämlich sehr nach Mondlandschaft aus. Da es ja ab ca. 3.600 m praktisch keine Vegetation mehr gibt, sieht man nur Steine, Geröll, Felsen, und ein paar Kühe. Moment, aber was fressen die Kühe? Hm- vielleicht gibt es doch noch die eine oder andere Moospflanze da. Muss ich nochmal nachfragen. Jedenfalls, da war es – trotz Cumbia und Norteña-Musik aus verschiedenen Lautsprechern – schon sehr schön.
Der Krater ist logischerweise umgeben von Berg, relativ steil und geröllhaltig, und wir haben beschlossen, wenn wir schon mal da sind, auch hoch zu laufen – die Alternative wäre gewesen, auf der Motorhaube Tequila zu trinken (den Cesar gegen die Kälte eingepackt hat). Wir sind nur zu 3. rauf (Cesar ist im Auto geblieben), und ich sage euch, um Gottes Willen. Es war nicht mehr so unendlich weit hoch zu dem Gipfel, den wir uns ausgesucht haben, aber steil. Steil hauptsächlich wegen unserer Blödheit, muss man dazu sagen, weil wir hätten eigentlich auch einen weniger steilen, aber längeren, Weg wählen können. Aber nein, wir klettern mal direkt hoch.
Das war der härteste Aufstieg meines Lebens!! Wir haben fast zwei Stunden gebraucht, sind teilweise auf allen Vieren hochgeklettert, wegen dem Geröll hatte man kaum Halt. Aber der Gag war: Die Haaahhöhhe---- das war extrem ! 5 Schritte nach oben – Herzrasen / Atemnot / leichter Schwindel. Pause. Aaaatmen, tief atmen. Weiter. 5 Schritte nach oben – Herzrasen / Atemnot / uuh nicht den Kopf heben sonst fällst du rückwärts runter. Aaatmen. Warten, bis Puls unter 180. Weiter. Was, wenn ich jetzt einen Herzinfarkt bekomme? Naja, besser aufm Berg sterben, als in Toluca von einem Auto überfahren zu werden. Wwweiter. Oder hinsetzen. Nein, weiter, weil Nebel aufzieht. Aatmen. Hah, hingefallen. Aatmen. Kein – Sauerstoff – im – Hirn - - ...
Irgendwann waren wir alle an einem Punkt, ich bin mir nicht sicher, ob dieses Phänomen aus medizinischer Sicht existiert, aber wir hatten eine Art "Runner`s High" am Berg. Wir sind leicht hysterisch geworden und haben uns halb totgelacht mitten im Geröllhaufen. Das war cool! (Anm.: danach - gottseidank - hab ich erfahren, dass schon mehrere Leute, u.a. die Tochter einer Freundin meiner Schuelerin - am Vulkan einfach tot umgefallen sind)
Irgendwann sind wir tatsächlich angekommen (Pau: "aah, dios existe") ... kurzzeitig ist heftiger Nebel aufgezogen, und wir haben uns, am Gipfel sitzend und Bohnen-Burrito essend, an die drei Jungs erinnert, die sich kürzlich am Popo im Nebel verlaufen haben, und einer von ihnen ist gestorben. Ich hab dann an diesen lustigen Skitag im Sudelfeld gedacht (weißt du noch Sandra??), wo wir kurzzeitig nichts mehr gesehen haben außer weiße Wände, da hab ich ein bisschen Schiss gekriegt, weil ich nicht gerade in der Stimmung war, stundenlang mit einigermaßen heftiger Atemnot und bei Eiseskälte im Nebel zu irren.. aber er hat sich bald verzogen (außerdem hätten wir auch im Nebel zum Krater zurück gefunden, war ja nur Geröllfeld runter).

Also, das war so schön! Mal wieder hab ich festgestellt, wie zufrieden mich so ein Tag draußen macht.
Jetzt brennt zwar mein Gesicht (trotz Bewölkung und Lichtschutzfaktor 30), und ich hab leichte Kopfschmerzen wegen der Höhe. Macht aber nix. Ich bin echt froh, dass ich da hoch gekommen bin! Im Nachhinein betrachtet war es wahrscheinlich gut, dass ich das nicht früher versucht hab – so hat mein armer Körper noch ein bisschen Akklimatisationszeit gekriegt. Aber ich bin mir sicher, wenn ich nicht in Toluca regelmäßig Laufen gehen würde, hätte ich es nicht geschafft. Immerhin waren das fast 5.000 Meter! Wie cool!

Sonntag, 20. November 2005

Vom Lehren, Bayerisch und Frostbeulen

Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur falsche Kleidung ... ?
Bin mal gespannt, wie lang ich dem noch zustimmen kann. Überlebenstraining hat eingesetzt. In meinem Fenster ist ein ca. 10 cm langer und 0,5 cm breiter Riss, und noch einer, der ca. 40 cm lang ist. Wenn mal jemand eine Tür zuwirft, zersplittert die Scheibe garantiert in tausend Stücke (meine "Fensterfront" hat weniger Wiederstandsfähigkeit als ein Senfglas, und ist deutlich instabiler als eine Kaffeetasse). Nachts gefriert es jetzt, und mein Zimmer hat ungefähr die Isolationsfähigkeit von einem Zelt. Oben, unten (unter mir ist eine Art freie Waschfläche) und an zwei "Wänden" gibt es keinen Nebenraum, der die Kälte abhalten könnte. Wenn es regnet, steht das Wasser in Lachen in meinem Zimmer, und ich beobachte dann immer mit Spannung, wie lange es dauert, bis sie getrocknet sind. Unter der geschlossenen Tür könnten verschiedene Tiere problemlos ein- und ausgehen. Wobei, wieso könnten - hab ich erwähnt, dass neben meinem Bett eine Klopapierrolle steht, damit ich die Tiere (vorzugsweise schwarze, springende kleine Spinnen) schneller umbringen kann? (Wenn ich zu müde bin, lasse ich sie einfach in meinem Bettchen neben mir schlafen ... weil, die giftigen Spinnen, deren Biss den Onkel einer Schülerin von mir umgebracht hat, sind eher im Norden. Skorpione gibt's uebrigens auch in Toluca, aber von denen stirbt man ja nicht ...
Und der Fußboden ist aus Stein, der ja auch bekannt für wohlige Wärmestrahlung ist.
Zum Schlafen presse ich mich in einen Hüttenschlafsack (der den Nachteil hat, dass ich meine Beine quasi nicht bewegen kann, weil mumienartig eingeschnürt), dazu erwähnter Navajo-Schlafsack an Wärmflasche plus Decke drüber. Trotzdem wache ich jede Nacht auf, weil so KALT! Und sie sagen, im Dezember und Januar geht's erst richtig los ... ich glaub ich muss demnächst mal die "Fensterfront" mit Isomatten zunageln. Falls es hier Isomatten gibt.
Und dann kommt mir immer jeder mit dieser "aber-du-als-Deutsche-bist-die-Kälte-ja-gewöhnt- Geschichte". Und keiner will mir so recht glauben, dass in Deutschland das Konzept der Zentralheizung funktioniert. HEIZUNG! HEIZEN! KÜNSTLICHE WÄRME außerhalb der Mikrowelle! Naja, was solls, in Ismaning wars kaelter ...

Ansonsten:
J hat mich heute gefragt, ob ich nicht laenger in der Schule arbeiten will! Hurra, das freut mich! (abgesehen davon, dass ich natuerlich nicht laenger bleiben will, zumindest definitiv nicht in dieser 10-qm-Kaeltehoelle)
Langsam habe ich immer mehr das Gefühl, das mit dem Unterrichten unter Kontrolle zu kriegen. Am Anfang war ich hauptsächlich darum bemüht, die Stunde(n) irgendwie zu überstehen, aber langsam bin ich soweit, dass ich mir Konzept und Plan aneigne, und mich drauf konzentrieren kann, wie ich ihnen das beibringen kann, was ich ihnen beibringen will. Hm, wahrscheinlich überhaupt nicht nachvollziehbar für keinen Menschen außer für mich... ich meine, ich finde langsam heraus, wie meine eigene "Lehrmethode" ist. Zum Beispiel bin ich anscheinend die erste Lehrerin der Schule, die den Schülern Details über die Aussprache beibringt. Am Samstag war eine Neue in meiner clase, die schon jahrelang deutsch lernt und wirklich gut spricht, aber als ich ihr gesagt hab, dass sie beim "w" und "v" auf die Lippe beißen muss, war das eine vollkommene Neuigkeit für sie. Überhaupt ist das mein Lieblingsthema: Aussprachetraining. Diese Hispanohablantes machen ja alle ungefähr die selben Fehler, deshalb ist es relativ einfach für mich, weil ich immer wieder dieselben Sachen sagen kann: B ist nicht V. Beim T musst du spucken, und das G verschließt den Luftstrom. Etc. Lustig ist, dass mittlerweile ziemlich alle meine Schüler – durch verschiedene Kurse hindurch – sich angewöhnt haben, die langen Vokale superübertrieben lang auszusprechen- weil sie normalerweise nicht zwischen lang und kurz unterscheiden und nämmen und gäbben sagen, und ich sie immer uebertrieben verbessere. Ich habe mittlerweile 12 Kurse, und mindestens 5 davon machen sich über mich lustig, strecken den Kopf vor wie ein Huhn, verziehen den Mund und sagen: Neeeeeeeehmen. Hurra, sie lernen! Mein Deutsch!

Was mir manchmal bisschen Sorgen macht: dummerweise weiß ich oft nicht, ob ein Wort bayerisch ist oder umgangssprachlich oder ganznormalhochdeutsch ... wie zum Beispiel: gleich danach- ist gleich bayerischer als sofort? Macht es Sinn, den Leuten das Wort Badelatschen beizubringen? Heißt es Ich gehe zur Arbeit oder in die Arbeit? Wird Schürzenjäger auch außerhalb von Bayern verwendet? ... Naja- was solls, bayerisch passt scho!

Am Donnerstag erlebte ich übrigens die wahrscheinlich zähesten zwei Stunden der Welt. Wieder dieser Kurs, der leider gar nix kapiert. Als dann M. den Beispielsatz "Ach, wenn doch der Deutschunterricht schon zu Ende wäre" gesagt hat, bin ich mal wieder sauer geworden und ungeduldig und leicht laut: DAS IST DOCH NICHT SO SCHWEEER, ODER??? Kontraproduktiv..., wie ich danach feststellen musste ... ich hab ihn danach in alter Lehrermanier "zu mir gerufen", und ihn gefragt, ob er eigentlich ein Problem mit meinen Unterricht hat oder was, oder wieso er überhaupt immer so negativ ist. Auf einmal wurde er ganz leise und hat gesagt, naja weißt, ich verzweifle halt einfach: Ich lern jetzt seit 5 Jahren deutsch und versteh immer noch nix. Ich kapier's einfach nicht! Es ist zu schwer, und ich hab jetzt langsam keinen Bock mehr ... tja, was soll man dazu sagen ..

Im Allgemeinen, muss ich jetzt aber nochmal festhalten, sind meine Schülerchen ganz schön lieb zu mir: sie bringen mir Essen mit, leihen mir Bücher (6 hab ich mittlerweile rumliegen), Musik, DVDs, schenken mir deutsche Zeitschriften, geben mir Freizeitgestaltungstipps, laden mich zu sich nach Hause ein --GUUUUT (wie Juan sagen würde). Das gibt mir ein gutes Gefühl.

Dienstag, 15. November 2005

Lustige Abenteuer im Mercado Morelos

Wie fast jeden Montag haben wir heute wieder auf dem "aah-und-ihr-habt-noch-keine-Salmonellen-gekriegt"- Markt gegessen, und heute ist uns zum ersten Mal die Absurdität dieses Szenarios so bewusst geworden, dass wir fast Tränen in unsere Enchiladas gelacht haben.
Cool find ich ja alleine schon die Tatsache, dass uns der verwirrte Mann des Marktes ("Sind Sie Ärztin?") mittlerweile von Weitem winkend begrüßt. Er ist nicht ganz richtig im Kopf, genau wie seine Freundin (oder Schwester, oder beides), die auch da arbeitet.
Jedenfalls, es gibt drei verschiedene Küchen nebeneinander, und wir gehen seltsamerweise immer zur Freak-Show. Der verwirrte Mann ist da, dessen Aufgabe entweder gar nichts oder Tisch abräumen ist. Seine Schwester / Freundin ist die Küchenhilfe, sie bringt uns immer die Tortillas. Und dann die Köchin. Sie ist ca. Ende 40, hat eine strohblonde Topffrisur-Perücke auf, und ihr Gesicht sieht aus wie das von March Simpson in der Folge mit der Schminkpistole (Homer hat einmal eine Schminkpistole erfunden: die Frau muss sich damit ins Gesicht schießen, und hat dann zwei große tiefblaue und einen grellroten Flecken im Gesicht) – irgendwo in der Nähe des Mundes und der Augen ist ganz viel Farbe.
Naja, sie ist nett, das Einzige, was mich stören könnte, ist die Geldübergabe. Gut, dass die immer nach dem Essen stattfindet. Ich drücke ihr ein paar dreckige Münzen in die Hände. An diesen klebt – sie kocht ja gerade - immer wahlweise Hühnerblut oder sonst irgendwas Postanimalisches, aber das macht nix, sie steckt das Geld einfach mit Hühnerblut in ihre Brusttasche und wühlt – ohne sich irgendwas abzuwaschen – ihre Hände wieder tief in Fleischmassen. Hmm. Aber wie gesagt, das passiert ja immer nach unserem Essen. Heute war's nur ein bisschen schwierig, sich auf das Essen zu konzentrieren, weil sie am Nebentisch einen großen Sack voller Regenwürmer hatten, oder irgendwelche anderen Tentakel. Sie waren ineinander verworren, deshalb hat sich jemand damit beschäftigt, die Würmer / Tentakel auseinander zu zerren und irgendwelchen Leuten zu verkaufen.

Aber die schoenste Szene:
Der verwirrte Mann (er ist übrigens sehr freundlich und hat ein sanftes Gesicht, ein bisschen wie ein verschrecktes Reh) kommt wieder zielstrebig an unseren Tisch und fragt mich (wieder nur mich!!), Frau, kennen Sie sich mit Krankheiten aus? – Ich dachte mir, dieser Mann braucht professionelle Hilfe, die ich ihm nicht verweigern will, und sage, um was geht es denn konkret?. Er (begeistert) zieht einen alten, braunen, vergilbten Zettel aus seiner Hosentasche (trägt er den Tag für Tag bei sich ..?), auf dem steht "proctologia". Er sagt, wissen Sie, Frau, ich habe dieses Wort im Lexikon gesucht, aber es steht nicht drin. - Ich, aeh... – Er, mit welchen Krankheiten kennen Sie sich denn aus? – Ich, aeh... ich ...weiß auch nur das, was alle so im Allgemeinen wissen, und so ... – Er (mit großen Augen): Hautkrankheiten? – Ich, naja.. nicht so wirklich, aber übermorgen sag ich Ihnen, was proctología bedeutet.

Er hat sich freudig bedankt und uns zum Abschied die Hand geschüttelt. Kerstin: Wenn er eine Hautkrankheit hat, haben wir die jetzt auch.

Der verwirrte Mann hat sich wieder seiner anderen Aufgabe zugewandt, Gläser abräumen, und zwar rückwärts laufend.

Anmerkung: heute ist Dienstag, gerade lerne ich: Proktologie = Diagnostik u. Therapie der After- u. Mastdarmerkrankungen.
Soll ich ihm morgen sagen, Herr, Sie haben offensichtlich ein Problem im Mastdarmbereich? ...

Pyramiden der Matlazincas in Teotenango

Strategiewechsel, Teotenango und die Sache mit den Klischees

Das war ein gutes Wochenende. Nach meiner Frustrationsphase letzte Woche hab ich beschlossen, meine Strategie zu ändern: Da aus verschiedenen "wir fahren zum Vulkan" – Plänen überraschenderweise wieder nix geworden ist, hab ich beschlossen: ich fahr am Sonntag nach Tenango, und wenn ich mich alleine in einen Bus setze. Und hab einfach allen möglichen Leuten gesagt, wenn sie wollen, können sie ja mitfahren. Das hat funktioniert; letztendlich sind Kerstin, Ana Paula, Sergio und ich gefahren.

Tenango ist ein kleines Dorf nicht weit von Toluca (ca. 25 km), das eigentlich eher bekannt dafür ist, dass sich Abiturienten mit Piña (Ananassaft mit Wodka oder wahlweise Tequila) vollaufen lassen und dann besoffen heimfahren. Wir jedoch sind wegen der Pyramiden hingefahren, die auf einem Hügel im Wald liegen. Der Ort der Pyramiden heißt Teotenango (Teo – Gott), und eigentlich handelt es sich um ein paar mehr oder weniger mickrige Treppen (im Gegensatz zu den Pyramiden, die ich schon gesehen habe, zumindest), aber das darf man natürlich nicht laut sagen, und ein antikes Spielfeld. Errichtet wurde das Ganze ca. im 9.Jh a.D. von den Matlazincas. Diese wurden später übrigens auch von den guten alten Azteken erobert.
Wie gesagt, die Pyramiden waren nicht das Umwerfendste, das ich je gesehen habe, aber der Ort ist echt schön – weitläufig, die Natur ist sehr idyllisch, man sieht meinen Freund, den Vulkan, und es gibt ein paar Schafe (die im Dorf dann gegrillt und als Barbecue verkauft werden – na Mahlzeit). Das Gelände ist umgeben von Wald, und komisch finde ich, dass der ganze Wald anscheinend voller Ruinen ist, aber offensichtlich haben sie einfach keine Lust mehr gehabt, die noch freizulegen- naja, was solls, reichen ja die paar, die man sieht..

Am Samstag Abend waren wir mit Fernando weg, meinem Freitags-Schüler, den ich vollgejammert hab und der sich daraufhin unser erbarmt und uns in eine ausnahmsweise mal echt gute Kneipe in Metepec – mit Live-Musik – mitgenommen hat. Später ist noch ein lustiger hyperaktiver Freund von ihm mit dem Namen Daniel dazu gekommen, der uns später – Fernando ist schon ins Bett gegangen – mit zur Geburtstagsfeier seines primo mitgenommen hat. Auf der Feier war allerdings nur noch folgendes Szenario: die Mama hat die Leute begrüßt und in eine vollkommen verwüstete Wohnung, die in normalem Zustand wohl eher zu den gutbürgerlich-konservativen gehört, reingelassen. In der Küche standen mehrere leere 5l-Flaschen Bacardi rum, und im Wohnzimmer sind ein paar entsprechend langsame Leute mit Augenringen gesessen, die sich schlecht artikulieren konnten und dazu Metal gehört haben. Wir sind also in La Mecha gefahren, ein nettes Antro in Metepec. Lustige Leute waren da (obwohl, sie hätten unsere Söhne und Töchter sein können).

Übrigens, Toluca heißt eigentlich "Ort des Regengottes", haben wir heute gelernt.
Was wir noch gelernt haben: So ein paar Sachen, die die Mexikaner über die Europäer denken, die mir abwechselnd die Sprache verschlagen und mich wütend gemacht haben (ha - insofern hab ich schon dem Klischee "die Deutschen werden staendig wuetend" schoen entsprochen). Bzw. hat mich die Tatsache genervt, dass sie uns nicht mit dem Hinweis "das sagen die Leute ..." präsentiert wurden, sondern "das ist so". Ohne zu hinterfragen, ob das überhaupt irgend einen Sinn macht. Mann. Also:

1) Alle Europäer sind gleich. Schweden, Spanier, Polen- alles dasselbe.
2) Alle Europäer sind "zügellos" und unmoralisch
3) Man nimmt in Europa sehr viele Drogen
4) Die Leute in Europa wollen keine Kinder kriegen, und deswegen gibt es nur alte Leute und man hat in Disneyland viel Platz zum spielen
5) Die Europäer trinken den ganzen Tag Wein, und nie Wasser
6) Es gibt fast kein Wasser in Europa (?????)
7) Und deswegen waschen sich die Europäer nicht. Vor allem die Franzosen. Die Franzosen stinken nämlich, und um das zu überdecken, benutzen sie zu viel Parfum.

Oh Jesus.
Das Mädele, das uns das erzählt hat, ist vielleicht nicht repräsentativ..?

Ich unterhalte mich mit meinen Schülern ja viel über diese Sachen. Am Samstag habe ich erfahren: wenn ein Mädel in Mexiko allein wohnt, ist sie komisch und eine Schlampe. Wenn ein Mann allein wohnt – kein Problem. Wenn ein Mann allerdings selber seine Wäsche wäscht und putzt, ist er komisch. Und die Frau hat nicht zu arbeiten, sondern sie bleibt auf jeden Fall daheim und kümmert sich um den Haushalt und die Kinder. Etc. Die meisten distanzieren sich von diesem Zeug und sagen, die Leute, die bessere Erziehung genossen haben, denken heute anders. Überhaupt wird die Gesellschaft wohl anscheinend langsam ein bisschen aufgeschlossener. Aber sie haben auch ganz klar gesagt, dass sie mit ihren Einstellungen die Ausnahmen sind, und dass das Obige schon der gängigen Meinung – der Durchschnittsleute, der weniger Wohlhabenden, der Menschen aus den Dörfern – entspricht.

So, heute ist Montag, die ersten quälenden vier Stunden des Tages hab ich schon hinter mir – obwohl, waren eigentlich ganz lustig - , und beim Zähneputzen in der Früh sind mir noch ein paar Sachen eingefallen.
Und zwar: ich muss in meiner Phase des Kulturschocks aufpassen, nicht arrogant zu werden oder die Gewohnheiten bzw. Einstellungen der Mexikaner zu verurteilen. Schließlich kann ich nicht davon ausgehen, dass die Menschen hier die selben Sachen gut oder wichtig finden wie in Deutschland (oder, in Bayern, bzw: daheim, halt). Es ist nicht schlechter (zumindest nicht alles), es ist einfach nur anders. Und wir müssen lernen, uns zwar kritisch – reflexiv, aber vorurteilsfrei, damit auseinander zu setzen, und gleichzeitig die Andersartigkeit der Kultur als Solche zu akzeptieren. Es macht keinen Sinn, jedem und allem eine deutsche Schablone aufsetzen zu wollen und dann jedes Mal frustriert zu sagen, aah das passt einfach nicht und die spinnen doch alle hier...
Soviel zu meiner weisen Eingebung. Soll nochmal wer sagen, früher Vogel fängt keinen Wurm.
(wobei, manchmal hilft alles nix und sie spinnen doch alle, zum Beispiel wenn wie gestern im Restaurant jemand vorbei kommt und als kleine Abwechslung zwischen den Tortillas Elektroschocks verkauft)

Freitag, 11. November 2005

Wir lernen deutsch, Teil II

Eigentlich hab ich natürlich ein leicht schlechtes Gewissen, wenn ich mich öffentlich ein bisschen über meine Schülerchen lustig mache. Aber erstens, es ist ja nicht wirklich öffentlich hier, ist ja nur für euch, und zweitens meine ich es ja nicht böse. (Und drittens, ich lache sie beim Unterricht ja auch aus - und sie lachen mich genauso aus, wenn ich Fehler mache)

Also, auf in die 2. Runde!

A) Wie funktioniert Konjunktiv? Ganz einfach, hätte, wäre und würde überall hin. Mehrmals. Thema: "Der perfekte Tag"
•"Ich würde der Tagesanbruck gesehen hätte. Nach einem lieber Frühstück im Wald gehabt hätte. Würde ich die Zeit vergessen hätte, und würde ich durch die Welt gereist wäre."
•"Ich würde ein perfekt tag häte, wenn ich nicht zur arbait gehen müstte. Ich würde ein Boot gekauft und meine Freunden eingeladet. In der nacht würde uns ins Sr.Frogs gefeiert und viele bier getrankt."


Dies wurde nach 4 geschlagenen Stunden Konjunktiv-Wiederholung geschrieben.. Hmpf.

B) Andere Gruppe, wieder Konjunktiv. Thema "Was wäre wenn?"
Wenn ich Fahrer von Ferrari wäre, ich lebe eine lebe extrem. Ich könnte um die Welt reisen, würde ich auch eine Schloß im Engliand kaufen. Diese Schloß neben des Beckhams Hause. Wenn ich arbeite nicht, ich würde jedem Abend feiern. Aber ich möchte im Morgen Fremdsprache studieren. Weil ich eine Italienierin kennen wolle. Ich denke dass ich mit diesem Leben zwei Jahre duern. Ja für das Geld das Rhythmus würde ich nicht folgen.
•Wenn ich verheiratet wurde, mein zocide leben wird fast verloren. Aber Ich gewonnen verschiedenen sache wurde. Meine Frau und Ich teilen gute und schlechte erinnerungen wurden.
•Was wäre wenn ich auf die Wies'n gehen würde? Ich würde viel Bier trinken und Wurst essen. Ich würde eine Deutsche typische Kleidung benutzen. Wenn ich betrunken wäre, wäre ich dumm und würde ich mit Frauen flirten. Zum Schluss würde ich ohnmächtig werden und bis nächste Tag schlafen.


C) Planlos
Oaxaca hat viele Sagen zu tun (Mitla, Tule baum) und viele leckerer platillos. Cancun weil ein paradise ist. Schöne strand und finde ich gute atmosfere.
Gute Reise! Bitte schick ein Telegramm, sobald in Acapulco installiert.
Wer ist der Herr dort? Ich kenne mich nicht.


D) Und zum Abschluss mein absurdestes Projekt der letzten paar Wochen: Ich habe ein Werbeprospekt für Hundefutter ins Spanische (!!) übersetzt. Genauer gesagt war es ein Text über "das Spezialfutter für alle hochtragenden und säugenden Zuchthündinnen ab der fünften Trächtigkeitswoche"...

Donnerstag, 10. November 2005

Kulturschock, Hauptphase...

... oder "morgen kriegst dein Geld" (manana te pago)

Ich muss mich jetzt mal ein bisschen beschweren.
Jetzt bin ich seit ziemlich genau zwei Monaten hier. Bisher war alles neu, aufregend, spannend, und ich hatte immer ein bisschen Schiss vorm Unterrichten und so... Jetzt – ist diese erste Aufregung vorbei, und vielleicht erlebe ich gerade eine temporäre Tiefphase, aber es kristallisieren sich immer deutlicher so ein paar negative Seiten hier heraus. Was mich unglaublich nervt: ich fühle mich eingesperrt und abhängig von der Gunst anderer (und die sind unzuverlaessig)
Eingesperrt bin ich schon wegen meinem Stundenplan: Jeden Abend bis 21:00 Unterricht, Samstag von 9-12. Jeden Abend sitze ich also um spätestens 22:00 in meinem Bett und lese, oder schaue wahlweise die Wand an. Kein Fernseher, kein Internet, Temperatur außerhalb meines –10°-festen Navajo-Qualitätsschlafsacks unerträglich. Weggehen ist immer ein riesen Theater, weil ich erstens mit dem Taxi nach Metepec fahren muss, und zweitens ist es außerordentlich schwierig, jemanden zum Weggehen zu animieren. Unter der Woche passiert hier nämlich gar nix. Die Unverheirateten fahren alle heim und essen mole verde, die ihnen die Mama zum Abendessen warm macht. Die Leute in meinem Alter sind meistens verheiratet und haben ungefähr 7 Kinder, denen sie mole verde zum Abendessen warm machen. Sport fällt aus, weils ja schon dunkel ist (außerdem macht man hier eher keinen Sport.) Das heisst, manchmal ist es Laaangweilig !!!

Und am Wochenende ... jetzt kommen wir zum beliebten Thema "die Unzuverlässigkeit", oder vielleicht ist es nur meine fehlende Spontaneität? Hey, wir gehen jetzt-gleich-sofort weg kommst du mit? Hey wir fahren in 30 Minuten nach Mexiko kommst du mit? Aber mehr als 2 Stunden im Voraus planen ist eher unwahrscheinlich.
Schon wieder: im Ausland wird mir klar, wie deutsch ich bin .. ich dachte eigentlich irgendwann mal, dass ich spontan wäre.. aber nein! Bin ich nicht! Ich bin ein durchschnittliches Beispiel eines planungsbesessenen deutschen Quadratschädels. Spätestens am Mittwoch will ich mein Wochenende organisiert wissen, und wenn dem nicht so ist, werde ich grantig. Also versuche ich, Pläne zu schmieden. Wie naiv, wie dumm von mir! Letztes Wochenende "plane" ich also: wir fahren zum Vulkan. Wir gehen weg. Wir machen irgendwas. Natürlich funktioniert: nichts. Gut. Macht ja nix. Dann geh ich halt schlafen.
Also, der nächste Plan: wir gehen am Mittwoch weg. Bowlen, oder was trinken. Und? Natürlich passiert: nichts!! Es ist Mittwoch und ich bin sauer und gebe das mit den Plänen auf und übe mich im Vielschlafen, und finde mich damit ab, dass mein Hintern in 4 Monaten aller Wahrscheinlichkeit nach wie eine übergroße Tortilla ausschaut (bzw. so breit, aber nicht so flach)
Kürzlich ein schönes Beispiel: Wir waren mit F., einem Mexikaner, unterwegs. Es war ein cooler Abend, und er hat sich ein bisschen über diese mexikanische Unverbindlichkeit und Unzuverlässigkeit lustig gemacht. Die Lügen des mexikanischen Mannes?
1."Morgen kriegst dein Geld", 2."Noch ein Bier, und dann gehma."
Im Laufe des Abends war er ganz begeistert von K. und wollte uuuunbedingt Telefonnummern austauschen, und sie haben ausgemacht (und zwar definitiv!!), am nächsten Abend Bingo spielen zu gehen. (Und er war nicht mal betrunken!)
Und? Sie hat seitdem nichts mehr von ihm gehört..
Ich frage also, warum lassen sie nicht einfach diese ganzen sinnlosen Planereien sein und sagen nur das, was sie auch wirklich meinen ? Am Anfang nimmt man das ja noch ernst. Irgendwann merkt man dann: wenn jemand hier Plaene fuers Wochenende macht, ist die richtige Verhaltensweise: laecheln, "ja genau cool das machen wir" sagen, und sich mindestens zwei Alternativen ueberlegen.

Vielleicht wundert mich auch nur das Leben, das die Menschen hier führen. Es ist, glaube ich, im Durchschnitt eher ereignislos, weil der Mexikaner sich eher ungern bewegt. Ein Hoch auf sinnlose Verallgemeinerungen... schon wieder ein Klischee, und schon wieder stelle ich fest: sie stimmen manchmal doch irgendwie. Ich betreibe ja immer Kulturstudien und frage die Leute hier ständig alles mögliche (klappt spitze, weil ich bin die Lehrerin und sie müssen mir ja antworten). Frage also immer, und, was habt ihr am Wochenende gemacht? Antworten, nach Häufigkeit:
1. ich habe schlafen
2. nicht
3. im Kino

Oder vielleicht erwarte ich einfach zu viel, vom Leben und im Allgemeinen?

Wie dem auch sei...
Zumindest scheine ich meine Arbeit gut zu machen. J hat mir neulich gesagt, der Grund, warum ich so viele Stunden habe, ist: Sie versuchen, mir so viele Gruppen wie möglich zu geben, weil sie dann sicher sein können, dass die Schüler zufrieden sind.
:-)

Dienstag, 8. November 2005

Das Pferd und die anderen

Na, war das Wochenende? Bei mir wars ganz gut, aber relativ ereignislos. Am Samstag war ich beim Bowlen mit der Samstagsgruppe, das war lustig, und am Sonntag wollte ich "eigentlich" zum Vulkan fahren, aber da man sich ja hier auf keinen Menschen verlassen kann, ist mal wieder nix draus geworden. Ganz neue Dimensionen von Unzuverlaessigkeit sind das hier. Macht aber nix- ich war dann zum ersten Mal hier in der Kirche, zur Silberhochzeit von den Eltern von unserer Putzfrau. Das war auch schoen!

Heute ist Dienstag, und: oh maaann. Ich hab schon wieder eine neue Schülerin gekriegt, warum eigentlich immer ich ?? Ach stimmt, ich vergaß: weil ich –als ich noch neu war hier- blöd genug war zu sagen, dass ich auch Englisch unterrichten kann. Ich bin echt ein Esel. Denn was ist das Resultat? "Wir" werben jetzt in der Zeitung nicht nur für Deutsch, sondern auch für Englisch, yippi. Und wer ist die einzige Englisch-Lehrerin der ganzen Schule? ICH! Na toll. Dem besagten Deutschen hab ich ja auch schon ein paar Stunden gegeben, Freitag Nachmittag mal bisschen Englisch reden ist schon ok. Aber jetzt!! Haben sie mir meinen Stundenplan echt verkackt: Jeden Montag und Mittwoch hab ich jetzt von 17:30 bis 21:00 ohne auch nur 1 Minute Pause Deutsch-Englisch-Deutsch, (von den anderen Stunden des Tages mal abgesehen) und wenn ich dazwischen bloß aufs Klo geh, komm ich schon zu spät.
Ich hab zwar angefragt, ob man das nicht ein bisschen verschieben könnte, aber das Ergebnis war eine Art Tobsuchtsanfall von J, woraufhin mir wieder der alte Spruch "mit Pferden und Wahnsinnigen muss man mit tiefer, ruhiger Stimme sprechen" eingefallen ist – funktioniert immer (d.h., der Stundenplan bleibt zwar so, aber immerhin hat sie sich beruhigen lassen).

Das war gestern dann folgendermaßen: Von 17:30 bis 18:30 die Tania (die übrigens wieder ein Lämmchen war), "Deutsch"-Unterricht, von 18:30 bis 19:30 diese neue Schülerin für Englisch; eine betagte, leicht riechende Dame, die beim Sprechen mahlende Kiefergeräusche macht und mich ob ihrer Statur ein bisschen an einen weidenden Hirsch erinnert. Da sie natürlich kein Wort Deutsch kann, und echt bescheiden Englisch, erklär ich ihr auf Spanisch englische Grammatik-Regeln. Was nicht wirklich funktioniert, mir reicht ja schon, auf Spanisch Deutsch zu erklären, aber zwei Fremdsprachen??, ich weiß im Moment spontan nicht mal die Vergangenheit von "sein" auf Englisch. Naja, der Trick ist, sich nix anmerken zu lassen und im Zweifelsfall schnell eine Frage zu stellen. Aber ganz schön anstrengend, das. Jedenfalls, um 19:30 sind schon meine nächsten 12 Schülerchen vor der Tür gestanden... Also wieder auf Spanisch wechseln, aufhören zu gähnen... ich hab dann die ersten 15 Minuten mal nur Blödsinn erzählt, ich weiß gar nicht mehr was, ich glaub irgendwas mit Fußball, hab mich echt nicht mehr konzentrieren können. Und die letzten 20 Minuten haben wir Stadt Land Fluss gespielt. Und am Mittwoch bestellen wir Riesenpizza für den Unterricht. So. Das haben sie jetzt von ihrem Stundenplan.

Ach ja, aber "das Pferd" ist eigentlich B., ich kann sie nicht leiden- sie ist besserwisserisch, schmatzt und hat einen Bart. Hoffentlich kommt sie heut nicht.

Freitag, 4. November 2005

Nennt mich Frau Doktor

Gruess Gott! Ein wunderschoener Tag um in ein ereigisreiches Wochenende zu starten. Hier ist das Wetter mittlerweile ein bisschen anstrengend: nachts gefriert es, ich schlafe mit Schlafsack und mehreren Decken, und in der Frueh, wenn die Sonne schon scheint (und sie geht ab ca. halb 7 auf), wird es ziemlich schnell warm (ich fuehl mich dann manchmal wie beim Zelten, der Schlafsack ist hoffnungslos verknotet und auf einmal ist es heiss-heiss-heiss und ich strample wild um mich aus der Hitzehoelle zu befreien. Ihr kennt das. Gegen 10:30 ist es in der Sonne dann schon richtig heiss, im Schatten aber viel zu kalt, deswegen fangen jetzt alle an zu schnupfen und zu niesen. Mein Koerper haelt durch, aber mit Muehen. Beim Laufen heute war ich ungefaehr Darth Vader.
Noch-hhhhhhh-eine-hhhhhh-Runde-hhhhhh

Naja. Ich hab gute Laune weil ich im Gegensatz zu frueher so schoen ungestresst bin- kein Knoten im Bauch, keine Alptraeume wegen der Arbeit, und Zeit! Diese koennte ich natuerlich auch sinnvoll nutzen, und mich zum Beispiel mehr vorbereiten, aber das hier macht mehr Spass.

Gestern sitze ich also mal wieder mit Kersin am Markt beim Essen, als ein seltsames Maennchen zu unserem Tisch kommt, mich anstarrt und sagt, Frau, sind Sie Doktorin? Ich: Nein. Er: Aber Sie kennen sich gut mit Krankheiten aus?- Ich: Nein. - Ohne Kerstin auch nur eines Blickes zu wuerdigen, hat er sich freundlich von mir verabschiedet und ist gegangen.
Hmm.
Was das wohl war??
Ich sehe also aus wie eine Aerztin. Naja, koennte schlimmer sein. Andererseits, zumindest verdiene ich hier mehr als ein Arzt in einem oeffentlichen Krankenhaus! (hab ich gestern in Erfahrung gebracht) Das ist wahnsinn, oder? Ueberhaupt ist es keine gute Idee hier krank zu werden, oder schwanger. Im oeffentlichen Krankenhaus sagen sie zu einem "Hallo! Kommen Sie in 9 Monaten wieder.", und beim privaten Arzt kostet jeder Besuch schon mal 400 Pesos, einmal Ultraschall 600 Pesos, und die Geburt kostet 30.000 Pesos !!! Zum Vergleich: Gas fuer 6-8 Wochen kostet 300 Pesos, und Wasser und Strom 125 Pesos im Monat. Also lieber nicht krank werden.
Unsere Putzfrau hat mir gestern erzaehlt, dass ihr Mama krank ist, und sie muss nachts arbeiten gehen, um sie zum Doktor bringen zu koennen. Pera hat selber 3 kleine Kinder, ihr Mann ist Lastwagenfahrer, und sie muss sowieso Miete und Kleidung fuer ihre Eltern zahlen, weil sie alt sind und ueberhaupt kein Geld haben. Und wenn dann noch jemand krank wird, ist das wirklich katastrophal.
Und um in einer Apotheke arbeiten zu koennen, muss man nicht mal eine Ausbildung haben. Norbert hat erzaehlt, er hat mal zwei verschiedene Medikamente fuer dieselbe Krankheit angeboten bekommen. Eins kostet 60 Pesos, das andere 200. Er: Und was ist der Unterschied zwischen den beiden? Apothekerin (schulterzuckend): Der Preis.

Donnerstag, 3. November 2005

Totenköpfe und auf´m Friedhof


Der Tag der Toten

Das hab ich gestern geschrieben:
Heute ist der 02. November, und Feiertag (nicht wie am 01. in Deutschland), Gott-sei-Dank mal wieder ein Tag ohne Schülerchen - Ruh ist Gut. Heut bin ich stark in Urlaubsstimmung: hab lang geschlafen, bin ein bisschen planlos durch die Straßen von Toluca gestreift, hab lecker Fajitas gegessen (mit: Eh? Eh? Genau: Huhn), die Sonne scheint, und jetzt sitze ich auf meiner "Terrasse" im Abendrot (und wenn ich in eine andere Richtung schaue, dann seh ich den Gastank auch gar nicht, der direkt vor mir steht. Der leckt garantiert- es riecht stark nach Gas, und ich warte täglich gespannt darauf, ob es vielleicht heute soweit ist und er endlich explodiert).

Es ist also Allerheiligen – der Tag der Toten "el día de los muertos". Das mit dem Tod ist hier in Mexiko eine ganz interessante Geschichte. In Deutschland ist das Thema ja relativ tabu, und Allerheiligen ist ja eigentlich immer eher traurig. Hier, jedoch, zeigt sich mal wieder der fröhliche bzw. zu Übertreibung neigende Charakter der Mexikaner, hier läuft das nämlich vollkommen anders ab: die Leute lachen über den Tod, bzw machen sich ein bisschen darüber lustig. Ich kann das schlecht erklären, das ist einfach so ein komplett unterschiedlicher Denkansatz. Das fängt schon bei den Vorbereitungen an. Man bepflastert praktisch alles mit Skeletten und Totenköpfen, und auf der Straße laufen Leute mit Sensenmann-Kostüm rum und verteilen was-weiß-ich-was. Überall werden Stände aufgebaut, bei denen es erwähnte Schoko-Totenköpfe mit Neon-Augen zu kaufen gibt, oder Schoko-Lutscher in Skelett-Form. Meine Schülerchen haben mir welche mitgebracht! Und mir die Hausaufgabe gegeben, dass ich Totenbrot (pan de muertos) kaufen muss, das ist ungefähr wie unser Osterbrot, gibt’s in diesen Tagen überall, nur dass sie oben drauf den Teig in Knochen-Form backen.

In diesen Tagen schenken sie sich hier allen Ernstes einen Schoko-Totenkopf, auf dem der Namen der Person steht, die ihn bekommt. Wenn man noch poetisch sein will, dann schreibt man ein Gedicht, in dem sich drüber lustig gemacht wird, was passiert, wenn die Person stirbt. Komisch, oder?? Das ist für die Lebenden.
Für die Toten ("los muertitos", heißt praktisch die Tot-chen) haben sie sich noch mehr einfallen lassen: vor allem in den Dörfern ist es Brauch, dass man den Toten einer Familie einen "Gabentisch" (ofrenda) zubereitet: darauf stehen Blumen, Kerzen, Weihrauch, ein Bild des Toten, und sein Lieblings-Essen oder Getränk (gern Tequila), oder seine Lieblingszigaretten. Alle Sachen halt, die der Tote besonders gern gemocht hat. Den Tisch stellen sie dann ein paar Tage lang vor die Tür, und es heißt, dass in diesen Tagen die Seelen der Toten sich die Sachen dahin mit nehmen können, wo sie eben gerade sind. Dazu kursieren dann natürlich die lustigsten Geschichten: Alicia hat mir am Montag erzählt, dass sie 2 Laiber Totenbrot auf den Tisch gelegt hat, und am nächsten Morgen war nur noch ein Brot da. Und so. Geywisen, der kleine Brasilianer, hat mir verschiedenste Horrorgeschichten aus seiner Schule erzählt ... passt ja irgendwie zum Thema.

Aber das Unglaublichste ist: Die Nacht von 01. auf 02. November verbringen die Meisten auf dem Friedhof - vor allem die Älteren, und vor allem auf dem Dorf. Sie bleiben die ganze Nacht, von 22:00 abends bis ca. 08:00 früh, auf dem Friedhof sitzen! Man sagt nämlich, dass in dieser Nacht die Seelen der Toten zurück kommen, und die Leute wollen sie wieder treffen. Hört sich ziemlich makaber an für europäische Ohren, oder ??? Glaubt nicht, dass sie die ganze Nacht schweigend in der Kälte sitzen. Ich hab mir das nämlich gestern angeschaut; bin mit Kerstin, der anderen neuen Deutschlehrerin (Claudia aus Kaiserslautern, 27, ist seit 6 Jahren in Toluca) und einem Freund von ihr zum Dorffriedhof nach Metepec (natürlich nach Metepec) gefahren. Der Friedhof ist riesig, und schon draußen war alles voller Autos und Essensstände. Essensstände! Es herrscht nämlich eine Art Open-Air-Stimmung auf dem Friedhof, eine sehr seltsame Mischung aus Party und Andächtigkeit. Der Friedhof war so voll wie bei uns nach der Allerheiligen-Prozession. Alles ist voller Kerzen und Blumen. Ich kann das gar nicht recht beschreiben, alle Leute sitzen um die Gräber ihrer Toten herum, oder gerne auch auf den Grabsteinen drauf, sind in Decken eingewickelt, unterhalten sich, und haben massenhaft Essen und Getränke dabei. Alle sind dabei, die uralte Oma genauso wie Babys und Kinder, einfach die ganze Familie. Die Leute haben um 22:00, als wir dort waren, grad angefangen es sich gemütlich zu machen, haben Klappstühle reingeschleppt, Lagerfeuer geschürt, Bierdosen aufgemacht... man kann sich sogar einen Mariachi mieten, der dann kurz für den Toten singt.
Das war wirklich so seltsam zu sehen: Die Atmosphäre war fröhlich und entspannt, aber es war trotz der vielen Leute ziemlich ruhig.
Ich finde, das sollten wir in Deutschland auch einführen. Ich würde es echt beruhigend finden zu wissen, dass es diesen Tag und diese Nacht gibt, wo man sich richtig ausführlich mit dem Tod und mit den Gedanken an die Toten beschäftigen kann. Und auch wenn ich an meinen eigenen Tod denke, würde es beruhigend finden zu wissen, dass an diesem Tag, und in dieser Nacht, jemand an mich denkt.


Und danach:
Sind wir in eine komische Bar gegangen, die mich sehr stark an das Miliöh in Neumarkt erinnert hat. Eine klitzekleine Bauerndisko, wo die Jungs ab Ende 30 Salsa tanzen, der stark an eine Jane-Fonda-Aerobicstunde erinnert. Viel schwitzen auf der schwarz-weiß-karierten Tanzfläche, sich aber ob der Gel-Masse nicht durchs Haar fahren können. Es war sehr lustig.
Die Damen waren alle leicht übergewichtig, aber das ist nix Neues, das sind sie hier alle. Hört ihr?
Hier ist das Schönheitsideal AAAAANDERS: Man trägt Bauch. Zumindest einen kleinen, und zwar alle. Ich glaub, ich hab hier noch keine dürre (oder auch sehr dünne) Frau gesehen. Tja, Tortilla ist ein ehrliches Essen: nach der 3. kann man sie sich auch gleich um die Hüfte binden. Wenn ihr versteht.

Ach ja, und eine interessante "Einführung in das Sozialverhalten mexikanischer Männer" haben wir auch gekriegt: Fast alle sind verheiratet, fast alle haben ein oder mehrere Kind(er), und fast alle haben eine oder mehrere Freundinnen dazu. Das ist gesellschaftlich relativ akzeptiert, man redet öffentlich drüber, die Mama kennt die Freundin ja auch immer. Meistens haben die Jungs eine "casa chica", das heißt: wer es sich leisten kann, kauft / mietet ein kleines Häuschen für die Freundin, damit es logistisch nicht gar zu stressig ist.
Wenn die Frau sowas macht, ist natürlich die Hölle los, die Frau wird dann ab und zu umgebracht - vor allem auf dem Dorf. Da wird nicht lang gefackelt. Oder manchmal der Mann. Claudia hat relativ ungerührt von einer erzählt, die sagt: "ooh, mein Mann ist von seiner Geliebten umgebracht worden, weil er mich nicht verlassen wollte." Kommt vor, nix besonderes.

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P.S. Folgende neue Anmerkung zum Thema "Banda Sangre": Eine Schülerin von Kerstin sagt: Es kommt in Mexiko schon ab und zu mal vor, dass die Regierung derartige Gerüchte in die Welt setzt, wenn sie von irgendwelchen schmutzigen internen Geschichten ablenken will, um die Bevölkerung zu beschäftigen. Da werden aber dann tatsächlich ein paar Leute umgebracht, damit das auch glaubwürdig ist. Da fällt mir spontan ein, was am Eingang bei der Filmbühne in Regensburg steht: Never shall I truly understand the human race.

Und zum Schluß)
Jozelma, die Brasilianerin, hat mir ein höchst interessantes Angebot unterbreitet! Sie hat mir, sehr ernsthaft und offiziell, angeboten, 6 Monate lang ihre private Deutschlehrerin zu sein, und zwar zu folgenden Konditionen: Wenn ich hier mit der Schule fertig bin (also gegen März), ziehe ich zu ihr (genau, in dieses supertolle JetSet-Fraccionamiento in METEPEC) (und wir wissen ja, Metepec ist das König der Wohnorte), in dieses riesige Haus mit Teppichböden, ihrem Mann und Gregory (genau, siehe Bild unten, den ich sogar mit nach Deutschland nehmen würde). Ich müsste sie ca. 1,5 Stunden täglich unterrichten, müsste kein Geld für Essen und Miete zahlen, sie würde mir ihr Auto leihen, und fertig! Das ist ihr Ernst! Sie hat mir noch 4 Monate Zeit zum Überlegen gegeben.
Find ich ganz schön nett von ihr, dieses Angebot. Wenn ich die Frage außer Betracht lasse, ob ich noch 6 Monate länger hier bleiben will, würd ich postwendend zusagen.

Dienstag, 1. November 2005

Nur fürs Protokoll: Halloween ist hier auch ganz gross



Hehe, heute ist Schulmaedchen - Internetcafe leer, da die Schulmaedchen heute keine Schule haben: am 01. und 02.11. ist frei wegen Allerheiligen. Ich hab zumindest morgen frei - gerade wollte mir J eine Stunde mit ihren Soehnen aufs Auge druecken, am Feiertag um 09:00 Uhr in der Frueh... ich hab ihr hoeflich zu verstehen gegeben, dass ich das nicht fuer eine besonders gute Idee halte. Ich meine, schliesslich arbeite ich 6 Tage die Woche, da wird sie jetzt nicht planlos ihre Kinder unbedingt morgen unterrichten lassen muessen.
Jetzt muss ich uebrigens den Radiosender hier loben: "Neurotica.FM", was fuer ein schoener Name, und sie spielen sogar Stones und Smashing Pumpkins.
Also, Halloween. Mal wieder ist der Einfluss der Gringos ueberaus deutlich: sie schmuecken die Haeuser mit Spinnweben, legen schoene orange Plastik-Kuerbisse vor die Tueren, verkaufen Grusel-Masken und Hexenkoepfe auf der Strasse, und vor allem: (aber das gehoert zu Allerheiligen): Schoko-Totenkoepfe mit neonfarbenen Augen sind ganz wichtig.
Am Freitag war ich auf der Halloween-Party von Jozelma eingeladen. Sie wohnt in einem unglaublich coolen, riesigen Haus in einem JetSet-Fraccionamiento in Metepec, und sie haben einen Hund namens Cleopatra. Es waren nur Brasilianer da, und ich. War lustig, ich hab ganz viel typisch brasilianischen Wurst-Eintopf gegessen, und die Maedels haben alle getanzt. Normalerweise tanze ich ja wirklich gern, aber wenn 5 brasilianische Frauen anfangen zu tanzen, bleibe ich doch lieber verschaemt in der Ecke sitzen.

Und das war noch nicht mal das Schlechteste dieses Montags

Ab der Hälfte des Tages ist wirklich alles vollkommen schief gegangen. Ich komme übellaunig aus dem Internetcafe zur Stunde mit Tania. Am Anfang ist noch alles ganz nett und lustig, wir malen und basteln. Dann will ich ein Spiel machen, mit neuen Wörtern, und ab diesem Zeitpunkt sagt sie: No. Und dann sagt sie: Gar nichts mehr. Die restliche halbe Stunde hat dieses störrische Kind einfach kein Wort mehr gesagt- nicht auf Spanisch, und schon gar nicht auf Deutsch. Das hab ich jetzt von meinem Gute-Laune-Unterricht, jetzt will sie nämlich gar nix mehr machen und ich schau blöd. Und was soll ich jetzt bitte mit ihr anstellen? Ihr deutsch intravenös einflößen. Aahrg.

Weiter. Gut vorbereitet in meine Jungs-Klasse. Am Anfang ist noch alles ganz nett und lustig, wir spielen "Ich packe meinen Koffer" als Akkusativ-Übung, funktioniert hervorragend, alle sind eifrig. Irgendwann sagt der "Schwierige" der Gruppe (der, der es immer schafft, die Gruppendynamik mit seinem Sarkasmus zu bestimmen): Ah nur noch 25 Minuten in meiner Deutsch-Klasse. Ich: Und, sind das gute oder schlechte Nachrichten?- Er: Für mich schlechte, ich komm nämlich nicht mehr. Ich: Warum denn? - Er: Naja, ich hab mich halt gelangweilt."
...

So ein Arsch !!! Vor der ganzen Gruppe sagt er das und grinst mich dabei saublöd an. Mit so einer Kritik kann ich nämlich leider noch nicht umgehen. Die restlichen 25 Minuten wär ich am liebsten weg gerannt und hätte sehr gerne alle meine Bücher aus dem Fenster geschmissen. Oder wäre ihm wahlweise gerne an die Gurgel gegangen. Aber ich bin dann doch lieber mit hochrotem Kopf und sehr bösem "aber ich hab doch trotzdem noch gute Laune weil ich kann mir ja jetzt keine Blöße geben" – Gesicht an der Tafel gestanden. Na ja, was für eine schöne Gelegenheit, meine Kritikverträglichkeit und Gelassenheit zu überdenken und neu zu definieren.

Das hier kann ich meiner Familie leider nicht lesen lassen

Wie ein sehr schlechter Film:
"Interpol Mexiko" ist zu Ohren gekommen, dass eine Gruppe organisierten Verbrechens mit dem Namen Banda Sangre entstehen soll. Der Aufnahmetest in diese Gruppe ist folgender: Die Mitglieder-Anwärter fahren ohne Licht mit dem Auto durch die Straßen. Sobald ihnen jemand Lichthupe gibt, nehmen sie die Verfolgung des Wagens auf, mit dem Ziel, alle Passagiere zu töten.
Interpol hat am 25.10.2005 per Fax an alle möglichen großen Firmen die Warnung rausgegeben, auf keinen Fall Lichthupe zu geben, wenn ein Auto ohne Licht an ihnen vorbei fährt.
Meine Informationsquelle: Der Mann von meiner brasilianischen Schülerin hat irgend einen tollen Posten in einer großen deutschen Firma und hat das Fax gekriegt, und sie haben es mir gezeigt.
Am Anfang hab ich es nicht geglaubt, und dann ist mir zum ersten Mal, seit ich hier in Mexiko bin, richtig schlecht geworden.

Ich weiß nicht, warum ich immer noch nicht so richtig dran glauben kann, dass es schlechte Menschen gibt. Irgendwie wandle ich immer noch in meiner kleinen Wolke, singe fröhlich Lieder, höre die Vögelchen pfeifen und habe alle ganz lieb. Vielleicht sollte ich endlich mal ein bisschen was von meiner Naivität ablegen, zumindest, solange ich noch in Mexiko bin...

Ein bisschen hellhörig bin ich ja schon geworden, als ich meinen Jungs erzählt hab, dass ich alleine in Acapulco war. Ich meine, normalerweise sind die wirklich nicht besonders leicht zu beeindrucken: ein Haufen 17- bis 34-jähriger durchschnittlich bis gut situierter Mexikaner mit zum Teil sehr dreckigem Humor. Aber als ich ihnen erzählt habe, dass ich alleine dorthin gefahren bin, sind sie alle ganz still geworden und haben gesagt, óorale, das trauen sich nicht mal die meisten Mexikaner. Und noch dazu bist du ein Mädele und Ausländerin ?! Eigentlich ziemlich cool, dass du heil wieder gekommen bist! -
Das Glück der Ahnungslosen, vielleicht - oder war es das Glück der Dummen..? Mit anderen Worten, die Grenze zwischen Mut und Dummheit ist doch immer wieder eine echte Gratwanderung.

Und die Details—es gibt zu viele Details, die einen im täglichen Leben immer dran erinnern, dass die Dinge hier ein bisschen anders laufen. Es fängt natürlich damit an, dass man bei Einbruch der Dunkelheit das Haus alleine nicht mehr verlässt. Das macht hier einfach keiner. Man kann schon mal ein paar Meter zu zweit laufen, aber auch das nicht übertrieben weit. Also nachts noch schnell Kippen holen fällt schon mal vollkommen aus, oder auch nur, sich mit irgend jemandem in einer Kneipe zu treffen. Nein- man muss sich auf jeden Fall vorher schon treffen, und zusammen mit dem Auto oder mit dem Taxi hinfahren.
Taxi, auch so eine Geschichte. Tagsüber ist es nicht empfehlenswert, aber noch ok, sich ein Taxi von der Straße zu rufen. Nachts ist es anscheinend vollkommen unverantwortlich. Ich will sowas ja immer nicht glauben und sag immer, ach jetzt stellt euch mal nicht so an, was soll da bitte passieren, da passiert schon nix!? Aber ich glaube, "da passiert schon nix" kann ich mir langsam abgewöhnen. Heißt also, man muss nachts ein Taxi anrufen und direkt vor die Tür hinbestellen, und nicht einfach planlos in irgendeins einsteigen.
So wie ich vor ca. 4 Wochen. Ich hab mir mal wieder gedacht, aahh scheiß drauf, und bin bei Anbruch der Dunkelheit in irgendein Taxi gestiegen. Blöd wie ich bin, ist mir erst relativ spät aufgefallen, dass das kein offizielles Taxi war, und der Kerl noch nicht mal ein Funkgerät hatte. Auch blöd, dass ich die Adresse nicht kannte, also keine Ahnung hatte, wo wir überhaupt hinfahren. Nach 20 Minuten Kreuzfahrt finde ich mich also, mittlerweile in völliger Dunkelheit, in irgend einem verlassenen Stadtgebiet wieder, natürlich keine alte Sau auf der Straße. Der Taxifahrer hält an. Steigt aus. Macht die Tür zu. Geht zum Kofferraum. Susanne denkt sich, scheiße, natürlich ist meine verdammte Telefonkarte jetzt leer (doch auch wenn sie nicht leer wäre, wen sollte ich schon anrufen? Die Polizei?? – ich muss mir mal noch ein paar gut ausgestattete Profischläger als Freunde suchen), und der Typ holt gerade eine 80 cm große Holzaxt aus dem Kofferraum, um mir meine wiederverwertbaren Organe aus den verschiedenen Körperteilen zu pulen um sie nach Kolumbien weiter zu verkaufen.
Na ja, letztendlich hat er nur einen Stadtplan aus dem Kofferraum geholt, weil der Idiot sich verfahren hat. Trotzdem hab ich leichte Panik aufsteigen fühlen, als ich ihn gefragt hab, "könnten Sie nicht vielleicht in der "Zentrale" anrufen und NACHFRAGEN, wo wir hin müssen?", und er nur abweisend gegrunzt hat (und mir DANN aufgefallen ist, dass er kein Funkgerät hat, Mann, wie blöd). Jedenfalls, das Ende der Geschichte war, dass der Kerl auch noch zu dämlich war den Stadtplan zu lesen, und ich ihm dann ("eh, soll ich helfen?") gesagt hab, wo er hinfahren muss.
Also unterm Strich hab ich mal wieder Glück gehabt, aber ich glaube, das hätte theoretisch auch anders laufen können.
Was noch- allein die Tatsache, dass unsere kleine süße Sekretärin, mit der ich auch schon Salsa tanzen war – und der ich ja sogar Geld geliehen hab – alle beklaut hat...
... dass jeder, der ins Auto steigt, als allererstes die Zentralverriegelung zu macht, weil es könnte sich ja an der nächsten Ampel jemand einen kleinen Überfall überlegen ...
... dass in jedem Geschäft die Einkaufstüte zugetackert wird, mit Zettel vorne dran, damit keiner auf dem Weg nach draußen noch schnell was reinstecken kann ...
... dass jeder, der es sich leisten kann (und das sind viele, ist also eher Normalfall als Ausnahme), in einem "Fraccionamiento" wohnt, das heißt, in einer Ansammlung an Häusern, die mit fettem Metalltor gesichert und die 24Std täglich von zwei bewaffneten Typen bewacht werden ...
... dass mir eine Schülerin erzählt, wie sie auf offener Straße eine Pistole in den Bauch gedrückt kriegt, und auf meine Frage, ob denn keiner die Polizei gerufen hat, nur verächtlich gelacht hat ...
... das ist alles ganz normal hier, und doch für mich vollkommen absurd und zeigt, wie degeneriert hier Vieles ist. Hier traut keiner keinem über den Weg. Wie traurig. Und das ist immer noch das ruhige, relativ dörfliche Toluca. Im D.F. ist das ja alles noch Kindergeburtstag.

Wo wir grad schon beim Thema sind:
Noch was zu "Dem Durchschnittsmann Der Zwei Mädels Auf Der Straße Sieht":
Wenn er nah ist, zischt er ihnen irgendwas Schlaues ins Ohr. Wenn er mittelweit entfernt ist, pfeift er, und wenn er im Auto sitzt, hupt er, plus wahlweisem aus dem Fenster schreien. Gern auch die Kombination. Die Wahrscheinlichkeit, 25 m zu laufen, ohne dass eines der genannten Phänomene eintritt, ist gering, praktisch nicht existent, quasi geringer, als von einem freundlichen Gorilla durch New York getragen zu werden (war es New York?).
Ich frage mich immer, was versprechen sie sich davon? WAS SOLL DAS ???
Eine mögliche Antwort gibt Norbert, wenn er sagt: Der Mexikaner an sich denkt nicht weiter, als ein Hund scheißen kann*.


*Damit jetzt kein falscher Eindruck entsteht (und ich die politische Korrektheit wahre): Die Mexikaner, die ich persönlich kennen gelernt habe, sind (äh, bis auf die Sekretärin, natürlich) ausnahmslos (habichjaschontausendmalgeschrieben) nett, höflich, gebildet, fürsorglich und vertrauenswürdig. Etwaige Verallgemeinerungen dienen nur der Veranschaulichung. Kann sich ja jeder selber seine Meinung bilden.


P.S. Heute ist Montag, und zwischenzeitlich habe ich zwei neue Anmerkungen:

1) Hab heute früh meine Schülerin gefragt, ob sie denn Angst hat im D.F. Sie sagt: "Aah, man darf sich das alles nicht so einreden lassen. Ich lauf schon öfters mal alleine rum und fahre auch mit der Metro. Ich hab zwar schon ein paar Überfälle gesehen. Ein Kumpel von mir ist 2x am selben Tag überfallen worden. Eigentlich kennt jeder jemanden, der schon mal angegriffen worden oder von dessen Freundeskreis jemand umgebracht worden ist. Aber mir ist noch nie was passiert." (??)

2) Gestern war ich mit Kerstin und Ana Paula mal wieder im D.F., und habe dort eine riesengroße Überschrift gelesen, laut derer die Geschichte von oben genannter Banda Sangre anscheinend nur ein blödes Gerücht ist (im Internet gibts mittlerweile einen Haufen Diskussionsforen darueber, ob dieses Fax eine Faelschung ist - ich glaub, ich würd das mit der Lichthupe trotzdem mal lassen
...

P.P.S. Es ist immer noch Montag, aber abends, und zwischenzeitlich habe ich folgende neue Anmerkung:
Nichts böses ahnend, aber übellaunig, gehe ich ins Büro. Das Radio läuft, Sergio sagt, eh, hast es schon gehört von dieser Banda Sangre? – Ich: Ja, das war doch nur ein Gerücht, oder ...? – Er: Hmm- Im Radio sagen sie was anderes. [...] Eine Stunde später kommt ein Schüler rein. Sergio: Eh, hast es schon gehört von dieser Banda Sangre? – Er: Ja ja. Bin gestern einem Auto ohne Licht begegnet. Es sind mehrere Jugendliche drin gesessen, naja, ich hab mal keine Lichthupe gegeben. Übrigens sollen sie am Wochenende in Toluca sein.

Supi, da freu ich mich schon ganz arg drauf.

Montag, 31. Oktober 2005

Eigentlich haette ich eine ganz tolle Geschichte zu erzaehlen, aber hier funktioniert ja nie was

Seit einer geschlagenen Stunde versuche ich, ein Internet-Cafe zu finden, das nicht spontan geschlossen hat. Dann hab ich (nachdem ich 30 Min durch die Strassen laufe, angehupt werde (auch einer ihrer Lieblingsgags: sie schauen bloed, ich geh vorbei, und wenn ich schon fast vorbei bin, raunen sie mir noch ein verfuehrerisches "hola" zu. Das nervt unglaublich) endlich eins gefunden, und jetzt stuerzt alles staendig ab und ich gebs auf und bin grantig. Scheisse!! Naja, soviel dazu, vielleicht ja wann anders. Wie ist bei euch das werte Befinden??

Mittwoch, 26. Oktober 2005

Der "Ich-bremse-nicht-mal-für-den-Präsidenten"-Bus



Eigentlich les ich ja gern im Bus. Rosy hat allerdings neulich erzählt, dass Lesen in ruckeliger Umgebung spontane Netzhautablösung fördert, da sich das Auge so arg anstrengen muss, um auf der richtigen Zeile zu bleiben. Seitdem denke ich jedes Mal auf einer meiner nervenaufreibenden Busfahrten nach Metepec: oh Gott, schau ja nicht auf ein Schild, weil du könntest es versehentlich lesen und dann löst sich spontan deine Netzhaut. Ehrlich. Ich muss außerdem immer ganz tief atmen, um nicht wie March bei den Simpsons in der Folge, als sie Flugangst hat, aufzuspringen und durch den Gang rennend "ichwillrausichwillrausichwillrausrausrausrausrausrausrausrausrausrausrausrausraus" zu schreien. Ich könnte nämlich eigentlich in ca. 15 Minuten in Metepec sein, wenn ich ein Auto hätte, oder wenn sie ihr System der öffentlichen Verkehrsmittel hier nicht so verkackt hätten. Aber nein, ich brauche 50-70 Minuten hin und zurück, zweimal die Woche, da wir ja in Schlangenlinien durch die Stadt fahren müssen und auf 6 Spuren die Straßen vollkommen verstopft sind. Warum sind die Straßen vollkommen verstopft? Weil außer mir keine Sau Bus fährt. Und wenn die Straßen mal nicht verstopft sind, dann steigt jemand ein – steigt jemand aus – steigt jemand ein, etc. Und wenn mal keiner aus- oder einsteigt, kauft sich der Busfahrer am Mercado Juarez "schnell" eine Fanta oder eine Stoffpuppe mit Hexenkopf (das ist kein Witz).
Wenigstens passieren auch manchmal lustige Sachen im Bus, wie neulich am Sonntag. Wir wollen Bus fahren, und das geht so: Wir sehen einen auf uns zurasen, versuchen mit zusammengekniffenen Augen die Schildchen im Fenster mit den Zielorten lesen zu können. Da Bus rast wie die PickUps bei ein Colt für alle Fälle, entziffern wir erst in letzter Sekunde unser Ziel ("C.U." oder "Centro"). Winken. Bus bremst voll, da schon auf unserer Höhe. Wir steigen ein, Bus gibt Vollgas, wir werden auf Gang geworfen, da wir 5 Pesos für die Fahrkarte suchen. Wir versuchen taumelnd Halt zu finden. Weiter Vollgas – Vollbremsung – Leute springen hinein und taumeln, etc. Irgendwann steigen wir aus, Kerstin mit hochrotem Gesicht. Ich: "Was ist los?" – Sie: "Ich hab mich grad an irgend jemandem festgehalten..." – Ich: "Oh, echt?" – Sie: "Ja, an seinem Kopf."

Dienstag, 25. Oktober 2005

Kopflos und aztekisch an der Seite des monolithischen Tempels in Malinalco





... und das unglaublich suesse Paar Rosy und Horacio (ja, sind beide Mexikaner)

Noch ein "mexikanisches Klischee" - Bild

Die Stunden, an denen ich mal besser Montagsmaler gespielt haette

... wenn nach 90 Minuten "deutscher Film" die Antwort auf die Frage "Nenne einen bekannten deutschen Schauspieler" lautet:
"Winnetou."

MALINALCO

The good, the bad and the ugly

Wieder Montag, wieder diese Stadt—während dem Wochenende habe ich begonnen, kurzzeitig mit Toluca zu hadern. Sobald ich die Stadt verlasse, finde ich malerische Dörfer, unberührte Berglandschaften, vibrierendes Leben, Mexiko, wie man es sich vorstellt ... => Fazit: es ist überall schön, außer in Toluca.
Von vorne. Freitag war schlechte Stimmung: Zuerst ist unserer Sekretärin gekündigt worden, weil sie geklaut, Gelder veruntreut und alle Leute um ihre Schulden beschissen hat (tja, jeder hat ihr Geld geliehen, einschließlich – ratet mal – die naive, gutgläubige Susanne). Dann hatten wir auch noch bis 21:00 einen "Fortbildungskurs" in der Schule – didaktisches Zeug – was ja eigentlich gut ist, aber immer Schule... naja, der Kurs war super, aber Kerstin und ich waren vor Müdigkeit schon leicht hysterisch (ich wollte schreiben: "... funktioniert mit jeder Art von Text". Kerstin reicht mir gleichzeitig einen Keks, ich schreibe – ohne es zu merken – "... funktioniert mit jeder Art von Keks". Wir haben Tränen gelacht, was nicht so gut gekommen ist angesichts der Tatsache, dass außer uns noch die Chefin, ihr Mann und ihr Bruder da waren)....
Samstag (nach der Schule, versteht sich) sind wir spontan mit Pau, ihrem Vater und ihrer Cousine (die unglaublich nett waren und uns ständig eingeladen haben) nach Mexico City gefahren, endlich, endlich! Ich hatte ja immer dieses Moloch im Kopf, überall Müllberge, fies aussehende Menschen, Polizeisirenen, rauchig-graue Luft, Blut und brennende Reifen überall, usw. "größte Stadt der Welt" - Klischee... aber falsch! Was wir gesehen haben – zugegebenermaßen nicht viel – war sehr schön! Wir waren in Coyoacán, ein ziemlich hippes Viertel (Frida Kahlo's Heimat, "bohemische" Atmo, Hippies, lustige Leute mit großen Hunden, ein Duft von Nag Champa (etc) in der Luft, und natürlich unglaublich coole Kneipen) – ja, da würd ich gern wohnen !!, haben gegessen getrunken gegessen und ganz viel von Deutschland erzählt, dann wars schon dunkel und wir sind noch kurz durchs Zentrum gefahren. Habt ihr gewusst, dass die Stadt auf einem See gebaut ist, und dass das Museo de Bellas Artes langsam versinkt?
Sehr schön: Plaza de la Constitucion mit dem Palacio Nacional usw, und direkt daneben aztekische Überbleibsel: ganz typisch für die mexikanische Geschichte, Prähispanisches und Hispanisches nebeneinander, sehr bizarr. Übrigens kennen die Leute hier ihre eigene Geschichte ganz außerordentlich gut. War ein kleiner Einblick, in dieser Stadt gibt’s noch unendlich viel zu sehen.
Sonntag haben wir einen Ausflug nach Malinalco gemacht, mit meiner 54-jährigen Schülerin Rosy, ihrem Mann Horacio, deren Sohn, seiner Freundin und noch einem Freund. Auch die waren unglaublich nett und haben uns alles erklärt, uns eingeladen, sich gekümmert....
Malinalco ist ein kleines, verschlafenes Dorf mitten im Wald, dessen Attraktion das Brot, ein altes Kloster und ein paar Pyramiden sind. Es war so gut, mal aus Toluca rauszukommen, Bäume zu sehen und Vögelchen zu hören! Auch da wollte ich dann hinziehen. Geschichtlich folgendermaßen: die Azteken haben dort in den Bergen einen kleinen militärischen Stützpunkt hingebaut. Der Tempel ist monolithisch, d.h. er ist aus einem einzigen Stein gebaut! Diese Leute waren Perforations-Freaks. Sie haben sich beide Lippen, alle (und ich meine: ALLE) sonstigen Körperteile, und als letztes die Nasenscheidewand durchlöchert. Für das Blut war ein eimergroßer Behälter im Boden eingemauert. Spitzen-Idee.
Der Grund, übrigens, warum es Hernan Cortés geschafft hat, die Azteken und Sonstige auszuradieren: er hat behauptet, ihr Sonnengott zu sein, und sie haben ihm geglaubt. Blöderweise war nämlich gerade für dieses Jahr (1519) eh die Rückkehr des Sonnengottes Quetzalcóatl angesagt. Der damalige aztekische Herrscher Moctezuma, der in Tenochtitlán (aztekische Hauptstadt, heute Mexico City) gerade an der Macht war, war zwar zunächst skeptisch. Da die Spanier für die Azteken relativ bleich und daher "sonnenähnlich" ausgesehen haben, hat er – und alle anderen- es doch irgendwie geglaubt... er wurde gefangen genommen, dann Aufstände, Cortés hatte schon viele viele Indígenas als Unterstützung, etc, und das Ende der Geschichte kennt man.
Muss mich beeilen; nur noch schnell, warum ich heute kurzzeitig wieder der Meinung war, vielleicht ist Toluca doch ganz gut: meine Schülerin von heute morgen hat mir ausführlichst erzählt, wie ihr vor 6 Jahren auf einem Parkplatz vorm Supermarkt jemand ins Kreuz geschlagen, eine Pistole in den Bauch gerammt und ihr Auto plus Geld etc geklaut hat.

Donnerstag, 20. Oktober 2005

Die schoenste Strasse der Welt. Wer wuerde hier nicht gerne wohnen?


Vicente Guerrero, meine Strasse, ein Wunder an Ruhe, Idyll und guter Luft.
Auch im Bild: eine kleine Auswahl an Taxifahrern. Ich hasse die Taxifahrer mittlerweile. Ach: hab ich eigentlich schon die Geschichte erzaehlt, als ich dachte, jetzt sterbe ich wahrscheinlich? Das war auch wegen einem Taxifahrer. Spaeter.

... und meine "Terrasse" ...


... fragt mich lieber nicht, wie ich aufs Dach gekommen bin (eine Leiter gibts jedenfalls nicht)

Nevado de Toluca...


... von meinem Dach aus

Der Vulkan und Winnetou: beide irgendwie selbstverständlich

Heute haben wir ganz außerordentlich gute Sicht. Um 07:00, als ich angefangen hab zu unterrichten (heute ganz besonders spaßig, nachdem ich gestern – hui! mal in einer Kneipe war), war es noch stockfinster, aber gegen 08:00 ist die Sonne über dem Vulkan aufgegangen, und der Gipfel war in rotes Licht getaucht. Ich hab mir extra das Klassenzimmer mit Vulkanblick ausgesucht, und meistens sag ich mindestens 1x alle zwei Stunden, hei schau wie schön der Nevado heute wieder ist! Meistens ernte ich dafür Verständnislosigkeit. Es ist nämlich hier folgendermaßen: Man unterhält sich nicht über das Wetter, und die Berge interessieren die Leute einen alten Scheiß. Echt schade! Da dacht ich mir, wie cool in Toluca kann ich bestimmt extrem alpinistisch unterwegs sein, weil schließlich sind wir umzingelt von 4.000ern, so hoch, dass es keinerlei Vegetation mehr gibt. Und dann? - "Ja klar, aufm Nevado war ich schon mal aber bloß bis zum Parkplatz. Wie, Popocatepetl? Viel zu gefährlich / hoch / anstrengend / ach nö wir fahrn lieber an den Strand"... Es gibt hier leider (noch?) keine Berg-Kultur wie "bei uns in Bayern" (einer meiner neuen Lieblingssätze); wenn die Leute Zeit (und Geld) haben, fahren sie ans Meer. Es würde ihnen nicht im Traum einfallen, in die Berge zum Wandern zu gehen. So schade, wo sie doch vor der Tür sind!! Und dort könnte man zumindest ausnahmsweise mal atmen (was ja im Allgemeinen eher zu vermeiden ist). Jedenfalls, ich bin dann gleich um 09:00 nach der clase auf mein Dach geklettert, um endlich mal eine gute Sicht auf DEN VULKAN zu haben, und das sieht so schön aus! So klar, dass man die Krater erkennen kann.

Naja. Und was hat das jetzt nochmal mit Winnetou zu tun?
Nicht viel; gestern hatte ich einen kleinen mentalen Aussetzer bei meinen Jungs. Nachdem ich am Montag mit ihnen "Lola rennt" angeschaut hab ("cooler Film, also, den Film hab ich verstanden, aber kein Wort von den Unterhaltungen"), hatten wir gestern das Thema "deutsches Kino". Ich hab ihnen einen Text gegeben, in dem unter anderem "Michael "Bully" Herbigs Winnetou-Persiflage, der Schuh des Manitu" vorkommt. Erkläre also das Wort Persiflage,"so eine ironische Version von Winnetou, ..." – alle verständnislos, "ja aber Winnetou?", ich: "na ihr wisst schon, Winnetou halt!" - alle: "äh, nein?" Ich (fassungslos), "wie bitte?? Ihr wollt mir erzählen, ihr kennt Winnetou nicht? Seid ihr wahnsinnig? Das ist ungefähr so, wie wenn man den Papst nicht kennt! [... etc]"- alle (peinlich berührt): "oh Gott, wir müssten ihn/es also kennen. Aber wer oder was ist Winnetou? Ist es eine wichtige historische Figur?" [...] Irgendwann ist mir dann langsam ins Bewusstsein gekommen, dass es natürlich völlig absurd ist, dass ein Haufen pubertierender Mexikaner irgend eine Ahnung von Winnetou haben sollte. Apanachi war ja schließlich Uschi Glas... aber ich bin, ohne Scheiß, nicht mal auf die Idee gekommen, dass es irgend jemanden auf der Welt geben KÖNNTE, der Winnetou nicht kennt! So ein integraler Bestandteil meiner Kindheit war das. Naja, als ich mich irgendwie rausgeredet hab (es war eigentlich ziemlich lustig), wollten sie, dass ich ihnen einen Text über Winnetou mitbringe. Ich: "Was, interessiert euch das echt?" - Sie: "Klar wollen wir jetzt wissen, wer das ist, wenn du uns schon 10 Minuten lang als ignorante Idioten hingestellt hast."

Mittwoch, 19. Oktober 2005

Chamaeleon


(Ja ich weiß. Das auf dem Bild ist kein Chamaeleon. Es ist ein largatijas, in meinem Zimmer in Acapulco.)

Komisch, das Lehrer-Sein:

Um ein guter Lehrer zu sein, muss man die Sprache der Schüler sprechen - natürlich metaphorisch -, heißt also, man muss sich anpassen, bzw. bei Bedarf die Farbe wechseln, wie ein Chamaeleon. Unterrichte ich Tania, bin ich 9 Jahre alt. Oder, Lehrer?

Wie auch immer;
heute ist es richtig heiss, das Problem mit der scheiss Hoehensonne hier ist, das sie sofort verbrennt und man knallrot wird, und deswegen fragt mich der Señor Contador jetzt immer, wenn er mich sieht: he, warst du laufen? Das letzte Mal hab ich ihn angeschrien, dass ich zuviel ARBEITEN MUSS UM LAUFEN GEHEN ZU KOENNEN. Naja. Gerade war ich uebrigens laufen. Das war cool: angesichts der Tatsache, dass ich beim ersten Mal nicht mal eine halbe Runde weit gekommen bin, hab ich heute immerhin schon 5 Runden am Stueck geschafft(à 555 m). Mal schaun wann ich 12 Runden laufen kann. Oder 250, dann mach ich auch beim Extrem-Triathlon mit (http://www.triatlonextremo.com), ha-ha.
(der findet im April 2006 beim Vulkan Nevado de Toluca statt. Man muss 60 Meter im eiskalten Wasser des Vulkankraters schwimmen (!!), dann zum 4.700 m hohen Gipfel aufsteigen, und dann noch 17 km mit dem Radl runterfahren. OK.)

Lustige Geschichte I des gestrigen Tages: mein Englisch-Schueler nimmt auch Spanisch-Unterricht bei uns in der Schule. Gestern treffe ich ihn - wutschnaubend, weil schon wieder seine Stunde ausgefallen ist: seine Lehrerin ist zum 2.Mal nicht gekommen. Grund: sie muss gleichzeitig am anderen Ende der Stadt unterrichten. Herzlichen Glueckwunsch an die Organisationskraft unserer Sekretaerin! Ich hab mich totgelacht, er war vollkommen grantig (er muss noch ruhiger werden).

Lustige Geschichte II des gestrigen Tages: Im Bus hab ich mal wieder ziemlich lachen muessen: Es war wie immer unfassbar viel Verkehr. Unsere Spur bewegt sich schlaengelnd vorwaerts, die Gegenverkehrs-Spur wartet an der Ampel. Mein lustiger Busfahrer denkt sich, ach, fahren wir halt mal auf die Gegenverkehrs-Seite, so gehts ja auch viel schneller! Deren Ampel wird gruen, sie fahren frontal auf uns zu, Vollbremsung, dann hupen und viele wueste Beschimpfungen ..

Ueberraschendes Detail des heutigen Tages: Beim Super Compras gibt es eigentlich alles, von Tesafilm ueber Gartenschere ueber alle moeglichen Lebensmittel und Kosmetikprodukte. Aber es gibt - zwischen ca. 60 verschiedenen Shampooarten in vier Regalwaenden - kein Duschgel! Eh ??